OLG Köln: Kontaktformulare müssen Datenschutzhinweis enthalten

Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Kölns an jedem Kontaktformular ein Datenschutzhinweis angebracht werden muss. Nicht in der Datenschutzerklärung sondern auf der Seite des Kontaktformulars selbst. Einem User sei nicht automatisch klar, dass er über ein Kontaktformular persönliche Daten übermittle.

Nein es ist kein verspäteter Aprilscherz, den das OLG Köln sich da geleistet hat. Nur ein weiterer Beleg dafür, wie wenig die momentane Richter-Generation die Kenntnisse und Gepflogenheiten der Internet-Nutzer einschätzen kann. Nach einem Urteil des OLG Köln vom 11.03.2016 muss an jedem Kontaktformular ein Datenschutzhinweis angebracht werden. Nicht auf einer separaten Seite wie der Datenschutzerklärung, sondern im Kontaktformular selbst.

Noch trauriger als diese Tatsache, ist jedoch die Begründung der Richter. Zwei Steuerberater waren in der Vorinstanz belangt worden, weil sie einen solchen Datenschutzhinweis nicht angebracht hatten. Sie hatten argumentiert: Wenn ein Nutzer seine persönlichen Daten in ein Feld eintippt und auf „Senden“ klickt, kann er sich denken, dass er damit seine Daten übersendet. Und weil er das Kontaktformular ja zur Kontaktaufnahme mit den Seitenbetreibern verwenden will, kann er sich auch denken, wozu diese Daten notwendig sind.

In der Sache ist die Antragsgegnerin der Ansicht, dass eine gesonderte Datenschutzerklärung gar nicht erforderlich gewesen sei. Da es für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar um ein Kontaktformular ging, sei es für diesen ebenfalls erkennbar gewesen, welchem Zweck die Angabe der Daten diente und welche Daten erhoben wurden. Das Gesetz selbst spreche davon, dass eine Unterrichtung nur soweit zu erfolgen habe, „sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist“. Es bestehe über die Umstände, die ihm aus der Natur des Kontaktformulars schon bekannt seien, kein weiteres Informationsbedürfnis des Nutzers.

Dies Argumentation wird jeder normale Internet-Nutzer nachvollziehen können. Die Richter des OLG konnten es augenscheinlich nicht:

b. Die Antragsgegnerin hat im Zusammenhang mit ihrem Kontaktformular die geforderten Informationen unstreitig nicht erteilt. Soweit sie darauf verweist, dass sich eine Information erübrigt habe, weil sich Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Kontaktformular selbst ergeben hätten und damit bereits eine Unterrichtung iSd § 13 TMG erfolgt sei, kann dieser Ansicht nicht beigetreten werden. Da die Norm gerade eine allgemein verständliche Unterrichtung bezweckt, kann eine solche nicht dadurch entbehrlich werden, dass sich ein Verbraucher gegebenenfalls aus der Art der Datenerhebung und aus den Umständen selbst herleiten kann, welche Daten wofür konkret verwendet werden. Eine anderweitige Unterrichtung kann vom Wortlaut her bereits nicht die eigene Auslegung durch den Verbraucher sein, da eine Unterrichtung einen Hinweis durch einen Dritten voraussetzt.

Nochmal zum mitschreiben: Das Gericht ist hier der Ansicht: Ein User, der seine privaten Daten in ein Kontaktformular eingibt, und dann auf senden drückt, kann sich nicht denken, dass er damit persönliche Daten übermittelt.

Man könnte sich über dieses Urteil jetzt einfach totlachen. Es ist nur das Urteil eines OLG. Möglicherweise wird es bald durch Urteile andere OLGs zurecht gerückt oder durch höhere Rechtsprechung aufgehoben. Es ist auch nur eine störende Datenschutzbelehrung unter Kontaktformularen, die hier eingeführt wird. In zwei Wochen wird jeder Internet-User gelernt haben sie auszublenden. Doch hier tritt ein Problem zutage, das viel tiefer geht.

Richter ohne Bezug zum Internet

Es mag viele überraschen, aber auch Richter und Juristen sind sich darüber im Klaren, dass es so etwas wie einen gesunden Menschenverstand, etablierte Sitten, Gebräuche und übliche Praktiken gibt. Vom Prinzip her soll die übliche Praxis in einem Urteil auch berücksichtigt werden. Viele Richter kennen jedoch durch mangelnde eigene Alltagserfahrung die digitale Lebenswelt nur aus Büchern. (Ein „Buch“ ist nach Wikipedia ein sogenanntes „Druckmedium“, das zur Sammlung und Vermittlung von Informationen verwendet wurde, bevor es das Internet gab)

Wie sollen Richter aber lebensweltliche Entscheidungen treffen, wenn sie die entsprechenden Lebenswelten nicht kennen?

 
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Thomas Morus

Thomas Morus (1478-1535) war Autor, Staatsmann und Jurist. Und lehrte als Professor für Jura an der Law-School Lincoln's Inn. Als Autor und Poet schrieb er Prosa und philosophische Abhandlungen. Sein berühmtestes Werk ist die Utopia. In ihr entwirft er eine perfekte Gesellschaft, in der alle Menschen in Frieden leben und sich nach ihren Möglichkeiten entwickeln können. Hinter dem digitalen Thomas Morus steckt Thomas Reeh. Journalist, Online-Redakteur und Blogger.

 

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