Jan Böhmermann und seine Schmähkritik – strafbar?

Der Komödiant Jan Böhmermann hat mit seinem Video über den türkischen Präsidenten Erdogan eine Staatsaffäre ausgelöst. Doch hat er sich juristisch strafbar gemacht? Wegen unrechtmäßigem Copyright-Claim durch das Video zunächst bei Youtube gesperrt. Das ZDF hat aber mittlerweile reagiert und den Claim fallen gelassen..


Bildnachweise im Video:

Jan Böhmermann – Michael Schilling  CC-BY-SA
Erdogan – World Economic Forum  CC-BY-SA 2.0

Christian Ehrig (Extra3) – Frank Schwichtenberg CC-BY-SA 3.0

Das ZDF und Copyfraud

Fast ist es ein bisschen erhellend. Da erklärt man Monate lang Leuten bei gutefrage.net, was Copyfraud ist, und dann wird man erstmals selbst Opfer. Das oben gepostete Video konnte ich heute nicht bei Youtube hochladen, weil es durch einen Copyright-Claim des ZDF gesperrt wurde.

Hintergrund: Ich verwende im Video an drei Stellen Clips aus Böhmermanns Sendung NEO Magazin Royal. Diese sind an den entsprechenden Stellen aber notwendig, und sind Gegenstand meiner Analyse und Interpretation. Damit sind sie rechtlich zulässig.

§ 51 UrhG Zitate

Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn

einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden,

Hier zeigt sich in Reinkultur, was Overblocking heißt: Das ZDF hat über die Youtube-Content-ID sämtliche Veröffentlichungen von Böhmermanns Video gesperrt. Die Content-ID vergleicht aber lediglich hoch geladene Videos mit den Inhalten in der Youtube -Datenbank von urheberrechtlich geschützten Werken. Sie kann selbstverständlich nicht prüfen, zu welchem Zweck Filmmaterial in einem Video genutzt wird.

Damit werden auch Youtube-Videos, die Filmmaterial durch legale Zitate oder gemäß der amerikanischen Fair use Regelung eingebunden haben, geblockt. Ich habe den Claim natürlich angefochten. Doch nach dem, was Foren und Fachkreise sagen, ist es wohl naiv zu glauben, dass das irgendeine Wirkung hat. Ich frage mich, was Youtuber machen, die keinen eigenen Blog haben, um die Inhalte dann zu veröffentlichen.

Update

Glücklicherweise ist das Video bei Youtube mittlerweile wieder frei geschaltet. Nachdem ich heute morgen folgende Twitter-Konversation mit einem ZDF-Mitarbeiter hatte:

Wenig später wurde der Copyright-Claim auf mein Youtube-Video fallen gelassen. Da muss ich im Nachhinein ein Lob an das ZDF-Team aussprechen. Das ging wirklich schnell. Das erste juristische Argument des ZDF-Twitter-Menschen war zwar zum lachen „Wenn etwas nicht in der Mediathek ist, darf es auch sonst niemand verwenden“. Aber die Rechtsabteilung hat ja dann offenbar eingesehen, dass die Video-Clips einwandfrei durch das Zitatrecht abgedeckt sind.

 

Warum ein Jura-Blog/Youtube Kanal?

Warum betreibt man als Nicht-Jurist einen Blog und einen Youtube-Kanal über Urheberrecht und Medienrecht? Die Antwort ist nicht ganz einfach.

Warum tue ich mir das an? Mein privat-blog Utopian-Reflections frisst schon ewig viel Zeit und Arbeit. Besonders jetzt, wo er kurz vor einem Relaunch steht. Mein bisheriger Youtube-Kanal „Geschichte für Anfänger“ steht noch in den Kinderschuhen. Ich hätte sicherlich tausende von Dingen zu tun, außer einen Blog über Online-Recht zu starten.

Warum gründet ein Nicht-Jurist überhaupt einen Blog über Recht? Mein Wissen muss doch notwendig weit hinter dem zurück bleiben, was die Anwaltskollegen leisten können. Es gibt doch zahllose sehr gute Anwälte, die bloggen, podcasten und youtuben. Wo liegt der Wert darin, dass sich nun ein Amateur diesem Thema widmet?

Breite Unwissenheit

paragraph photoDer Anlass für dieses Projekt, waren meine Erfahrungen bei gutefrage.net. Mit meinem Profil beantworte ich dort seit gut 6 Monaten Fragen über Urheberrecht. Und was mir dort begegnet ist, ist ehrlich gesagt schlicht erschreckend. Blogger, Podcaster, Instagrammer oder Youtuber, die zum Teil große Geldsummen mit ihren Veröffentlichungen verdienen, haben nicht den blassesten Schimmer darüber, welche Rechte sie eigentlich an ihren eigenen Inhalten haben. Erwachsene Menschen haben keine Vorstellung von grundlegenden Rechtsprinzipien. Von Schulkindern ganz zu schweigen.

Bis vor wenigen Jahren, brauchte ein durchschnittlicher Westeuropäischer Bürger keinerlei Kenntnisse in Urheber oder Medienrecht zu haben. Er kam ja ohnehin nicht in die Lage etwas zu veröffentlichen, was gegen Medienrecht, Äußerungsrecht oder Urheberrecht verstoßen konnte. Die wenigen Bürger, die hauptberuflich in den Medien arbeiteten lernten das notwendige Wissen im Beruf oder verließen sich auf betriebliche Rechtsabteilung… und dann kamen die sozialen Netzwerke.

In Zeiten von Facebook, Twitter und Instagram teilen und verbreiten wir ständig kreative Inhalte. Urheber- und Medienrecht müsste deshalb fast zum Alltagswissen werden. Doch Justiz, Bildungssystem und die gesamte Gesellschaft hinken hinterher.

„Fluch der Professionalität“

Viele Anwälte vermitteln ihr Wissen im Internet bereits sehr anschaulich. Doch sie leiden unter dem, was ich, den „Fluch der Professionalität“ nenne. Ich kenne ihn von mir selbst aus anderen Bereichen. Wer sich mit einem Thema wirklich gut auskennt, hat Schwierigkeiten, sich in die Lage eines Anfängers hinein zu versetzen. Ihm sind die grundlegenden Sachverhalte seines Fachgebiets so klar und so unzweifelhaft, dass er sie nicht mehr hinterfragen kann. Er darf sie mitunter auch gar nicht hinterfragen, denn sonst könnte er tiefgreifende Probleme nicht so effektiv lösen, wie er es tut.

Ein Laien-Blog

Deswegen halte ich es doch für geboten, dass auch nicht Juristen sich an der Vermittlung von Rechtswissen beteiligen. Völlig ahnungslos bin auch nicht: Immerhin habe ich in meiner täglichen Praxis als Redakteur und Blogger ständig mit rechtlichen Fragen zu tun. Ich interessiere mich seit Jahren für Rechtsfragen. Und habe nicht zuletzt durch meine Tätigkeit bei gutefrage.net sehr viele rechtliche Themen recherchiert müssen und viel gelernt. Ich lese, höre und sehe auch regelmäßig die Beiträge von Anwälten, die inhaltlich noch mehr Wissen haben als ich.

Insofern sehe ich mich als berechtigt an, rechtliche Einführungsbeiträge, Materialsammlungen und Kommentare zu Rechtsthemen zu veröffentlichen. Ich hoffe die Texte/Videos werden dem ein oder anderen Leser/Zuschauer weiter helfen.

 

Einführung ins Urheberrecht

Das Urheberrecht ist für jeden, der sich nicht täglich damit beschäftigt, sehr schwer zu verstehen. Die Grundlagen sind für einen Normalsterblichen sehr unintuitiv. Und selbst wenn man die groben Linien verstanden hat, kommt man bei fast jedem Fall in unübersichtliche Details. Es ist schwer da eine rote Linie finden.

Was ist eigentlich ein Werk? Wann ist das Ergebnis von kreativem Schaffen urheberrechtlich geschützt? Und welche Rechte hat ein Urheber/Künstler, wenn er ein Werk geschaffen hat? In Zeiten sozialer Netzwerke, teilen wir alle täglich Inhalte. Die Frage, wann, ob und wie wir digitale Inhalte weiter verbreiten dürfen ist deswegen zur Kernfrage geworden. Deshalb habe ich einige Ressourcen für den Einstieg zusammen gestellt:

In einem Einführungsartikel für Utopianreflections.net habe ich einmal eine Einführung geschrieben:

Einführung ins Urheberrecht

Eine noch ausführlichere Einführung folgt in absehbarer Zeit auf diesem Blog.

Bildrechte

Mit der häufigste Fall, in dem das Urheberrecht zum tragen kommt, ist wenn Bilder rechtswidrig verwendet wurden. Thomas Schwenke und Markus Richter sind diesem Beispiel in der allerersten Folge ihres Podcasts Rechtsbelehrung nachgegangen:

Einführungsvortrag: Urheberrecht

In seinem Einführungsvortrag für Youtuber umreißt auch Christian Solmecke das Thema Urheberrecht.

Ein ausführliches PDF über „Urheberrecht im Alltag“ hat die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen gestellt.

Urheberrecht bei Facebook

Sehr schwierig ist das Verhältnis von Urheberrecht und Sozialen Netzwerken. Welche Schwierigkeiten bei der Verwendung urheberrechtlich geschützter Materialien bei Facebook auftreten können, klärt Carsten Ulbricht im Interview:

Interview: Carsten Ulbricht erklärt wichtige Punkte zur Urheberrechtsverletzung auf Facebook, zum Facebook-Pixel, uvm.

Wann darf ich Musik verwenden?

Die Frage, wann ich geschützte Musik zB. in Youtube-Videos verwenden darf, treibt viele Menschen um. Dr. Till Kreutzer von irights.info hat das Thema im ZDF-Interview mit Wiso aufgegriffen:

Außerdem hat irights eine umfangreiche FAQ zum Thema Musik auf ihrer Seite angelegt.

Kritik

Historiker und Rechtsblogger Klaus Graf hat das Urheberrecht immer wieder einer harschen Kritik unterzogen. Einen ausführlichen Kommentar zum Urheberrechtsgesetz hat er in seiner Urheberrechtsfibel vorgelegt.

Aktuelle Informationen zur aktuellen Urheberrechtsrechtsprechung gibt in den aktuellen Wochenrückblicken auf Thomas hat Recht.