Wochenrückblick Internet- und Medienrecht KW 50

Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht bei Facebook-Seite. Übergangslösung für Unirahmenvertrag gefunden. Urheberrechtsreform sieht Kopiervergütung für Verlage vor. Anhaltende Kritik an Linkhaftung. Initiative zur endgültigen Abschaffung der Störerhaftung. Stellenanzeigen nicht zwingend urheberrechtlich geschützt.

Arbeitsrecht

Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht bei Facebook-Seite

Betriebsräte haben in Deutschland verhältnismäßig viel Einfluss. Zum Beispiel müssen sie zustimmen, wenn die Leistung oder das Verhalten von Mitarbeitern durch technische Maßnahmen überwacht wird.

§87 Betriebsverfassungsgesetz

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen

[…]

6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;

Was aber, wenn die Überwachung nicht direkt durch technische Maßnahmen erfolgt, aber zB. Kunden Online-Feedback geben können? Auch hier hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, entschied jetzt das Bundes Arbeitsgericht. Im vorliegenden Fall hatte das Deutsche Rote Kreuz eine Facebook-Seite zu Marketing-Zwecken eingerichtet, auf dem sich jedoch Nutzer über einzelne Schwestern und Ärzte beschwerten.

Christian Solmecke von der Kanzlei WBS kritisierte das Urteil: Die Facebook-Seite sei zu Marketing-Zwecken und nicht zum Zwecke der Überwachung der Mitarbeiter angelegt worden. Deshalb sei sie nicht als technische Einrichtung zur Überwachung zu werten.

Urheberrecht

Urheberrechtsreform sieht Kopiervergütung für Verlage vor

Im April diesen Jahres entschied der BGH bekanntermaßen, dass nach dem gängigen Urheberrecht die Kopiervergütung an urheberrechtlich geschützten Werken alleine dem Urheber zusteht und Verlage daran keinen Anteil haben:

Schon unmittelbar nach dem Urteil, wurden Stimmen laut eine neue Rechtsgrundlage für die Verlegerbeteiligung zu schaffen. Nun hat die Regierungskoalition ihre lang angekündigte Urheberrechtsreform im Bundestag verabschiedet. Neben Maßnahmen, die schon länger geplant waren, wurde darin die Verlegerbeteiligung auf neue rechtliche Grundlage gestellt. Es gibt gewisse Bedenken, dass das neue Gesetz gegen Europarecht verstoßen könnte. Ein etwaiges Verfahren vor dem EuGH bleibt abzuwarten.

An anderer Stelle stärkt das neue Urheberrecht die Urheber: Wenn Urheber Nutzungsrechte an ihren Werken an Verwerter einräumen, haben sie zukünftig erweiterte Auskunftsrechte. Nach 10 Jahren fallen die Rechte außerdem automatisch an sie zurück.

Übergangslösung für Unirahmenvertrag gefunden

An Schulen und Universitäten werden täglich tausende wissenschaftliche Texte kopiert oder den Schüler/innen und Studenten/innen online zugänglich gemacht. Das ist absolut wesentlich, denn ohne die entsprechende Fachliteratur kann niemand in einer Bildungseinrichtung etwas lernen. Da wissenschaftliche Texte jedoch dem Urheberrecht unterstehen, stellt sich die Frage, wie die Autoren der Texte vergütet werden. Für Texte, die über Intranet-Plattformen wie Moodle zugänglich gemacht werden, regelt das §52a UrhG. Bildungseinrichtungen dürfen danach die Texte zur Verfügung stellen, müssen dafür aber eine Vergütung entrichten, die durch die VG Wort eingezogen wird.

Bislang war es so, dass die Universitäten Pauschalbeträge bezahlten. Die VG Wort versucht dagegen seit geraumer Zeit durchzusetzen, dass die Bildungseinrichtungen für jeden einzelnen Text bezahlen sollen. Die Hochschulen protestieren: Jeden einzelnen Text zu erfassen, der den Studenten/innen zugänglich gemacht wird, sei schlicht zu aufwendig. Einige Hochschulen hatten sogar angedroht, in diesem Falle gänzlich auf digitalisierte Literatur zu verzichten, und wieder Kopiervorlagen zur Verfügung zu stellen.

Zum Glück scheint diese Rückkehr in prae-digitale Zeiten nun zunächst abgewendet. Nach Angaben des Wissenschaftsministeriums von Nordrhein Westfalen einigte sich eine Arbeitsgruppe aus Kultusministern, Hochschulen und der VG Wort in letzter Minute darauf, die bisherige Praxis mindestens bis September 2017 fortzusetzen. Gut für die deutschen Hochschulen.

Filesharing Urteile

Um meinen Lesern ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie sich die Rechtsprechung zu Filesharing entwickelt, berichte ich wöchentlich über interessante Urteile in diesem Bereich. Das AG Düsseldorf wies in einem aktuellen Urteil eine Filesharing-Klage ab. Der Angeklagte sollte ein Musikalbum per Filesharing öffentlich zugänglich gemacht haben. Er konnte jedoch nachweisen, dass er am fraglichen Wochenende Freunde zu einem Online-Spiel-Wochenende eingeladen und ihnen dabei Zugriff auf seinen Internet-Anschluss gewährt hatte. Das Gericht sah dadurch die so genannte Sekundäre Darlegungspflicht erfüllt, weil dadurch die reale Möglichkeit Bestand, dass ein anderer den Verstoß begangen haben könnte.

Anders entschied das LG Leipzig in einem aktuellen Fall. Hier hatte ein Familienvater dargelegt, dass seine Kinder im Haushalt Zugriff auf das Internet hätten. Damit kamen auch hier real andere Personen als der Angeklagte in Frage. Das LG Leipzig entschied jedoch, dass der Sekundären Darlegungspflicht hier nicht genüge getan wurde. Das Urteil des LG Leipzig widerspricht der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshof in dieser Frage und auch der Rechtsprechungs-Tendenz der vergangenen Wochen und Monate.

Wird die Störerhaftung endgültig abgeschafft?

Im Mai diesen Jahres gelang dem Bundestag ein PR-Coup. Er beschloss ein Gesetz um die Störerhaftung endlich abzuschaffen. Eine Maßnahme, die die Öffentlichkeit seit Jahren gefordert hatte. Leider erfüllte die Gesetzesänderung nicht was sie versprach. Denn sie schaffte nicht den Unterlassungsanspruch ab, der die rechtliche Grundlage für Filesharing-Abmahnungen ist.

Nun wird das Land Schleswig Holstein eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einbringen, die genau diese Lücke schließen soll. Die Initiative war ursprünglich von der Fraktion der Piratenpartei im Landtag von Schleswig Holstein eingebracht und mit der Unterstützung mehrerer Fraktionen beschlossen worden.

Da ich in der Vergangenheit auf derartige Initiativen wohl zu optimistisch reagiert habe, werde ich erst einmal abwarten, was passiert.

Stellenanzeige nicht urheberrechtlich geschützt

Bekanntlich muss ein Text – genau wie jedes andere Werk im Urheberrecht – eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen, um urheberrechtlich geschützt zu sein. Über die Frage, wann genau ein Text kreativ und individuell genug ist, um die Kriterien der kleinen Münze zu erfüllen, darüber wurden schon viele Prozesse geführt.

In einem Fall, den da KG Berlin zu entscheiden hatte, war eine Stellenanzeige fast 1 zu 1 kopiert und online gestellt worden. Ein Urheberrechtsverstoß? Nein, entschied das Gericht. Die Stellenanzeige hatte lediglich aus Tätigkeiten und Voraussetzungen des Jobs bestanden, die mit Spiegelstrichen aufgelistet wurden. Diese technischen Beschreibungen waren durch die tatsächliche Tätigkeit im Job vorgegeben. Die Auswahl war deshalb nicht kreativ. Und auch sprachlich war die Anzeige nicht individuelle gestaltet. Der persönlich formulierte Einleitungssatz reichte nicht aus, um die Anzeige hinreichend zu individualisieren. Insgesamt hebe sich der geistig-schöpferische Gesamteindruck nicht von der Masse der Stellenanzeigen ab. Deshalb war in diesem Fall die Anzeige nicht urheberrechtlich geschützt.

Linkhaftung

Bereits in der letzten Woche hatte ich über das Urteil des LG Hamburg zur Linkhaftung berichtet. Das Urteil hat jedoch so schwerwiegende Folgen, dass sich auch in dieser Woche wieder zahlreiche Rechts-Blogger damit auseinander setzten. Die heise-show ist in ihrem Podcast nochmals ausführlich der Frage nachgegangen: „Was darf man noch verlinken?“Die IT-Rechts-Kanzlei hat noch einmal detailliert die Rechtslage und Rechtsprechung rekapituliert und aufgezeigt, was Online-Händler nun beachten müssen. Carsten Ulbricht hat die Urteilsbegründung noch einmal genau analysiert und mahnt in seinem Blog-Artikel zur Ruhe. Der Angeklagte habe sich schlecht verteidigt, weshalb das Urteil wenig respräsentativ sei. Ob ein Linksetzer auch dann haftet, wenn er die verlinkte Urheberrechtsverletzung tatsächlich nicht erkennen konnte, habe das LG Hamburg gar nicht entschieden. Der Angeklagte habe im Gegenteil in folgendem Zitat eingeräumt, eine Prüfung nicht für notwendig gehalten zu haben:

„Allerdings wäre ich nicht im Entferntesten auf die Idee gekommen, beim dortigen Seitenbetreiber nachzufragen, ob er die entsprechenden Rechte zur Veröffentlichung hat, oder sonstige Nachforschungen zu den urheberrechtlichen Hintergründen des Bildes anzustellen. Das sah ich nicht als meine Aufgabe als Linksetzender an.”

Ulbrichts Analyse hat sicherlich einiges für sich. Die zentralen Bedenken der meisten Kritiker sind dadurch aber nicht zerstreut. Denn es bleibt ja dabei: Die Richter sind davon ausgegangen, dass eine Prüfungspflicht (wie auch immer diese aussehen mag) besteht und hier verletzt worden ist. Was für Nachforschungen soll ein Linksetzender aber bitte durchführen, um eine solche Prüfungspflicht zu erfüllen? Ein zentrales Urheberrechtsregister existiert nicht. Eine Prüfung, ob die Bilder anderswo im Netz vorliegen, bringt keine endgültige Sicherheit und ist je nach Anzahl der Unterseiten und Bilder auf der verlinkten Seite auch praktisch nicht durchführbar. Die einzige Art von Nachforschung, die marginal größeren Erkenntnisgewinn bringen könnte, als eine bloße Prüfung nach Augenschein, wäre vom Webmaster der verlinkten Seite eine verbindliche Auskunft anzufordern. Eine solche Prüfung ist jedoch in der täglichen Redaktionspraxis praktisch unmöglich. Heise konnte bereits zeigen, dass nicht einmal das LG Hamburg selbst dazu in der Lage war, rechtzeitig eine solche Auskunft zu erteilen.

Das Urteil ist und bleibt eine Herausforderung für die Online-Community.

Presserecht

Facebook Kriterien gegen Hatespeech

Der Süddeutsche Zeitung liegen offenbar interne Dokumente vor, aus denen hervor geht, nach welchen Kriterien Hatespeech-Kommentare bei Facebook gelöscht werden. Danach werden Kommentare gelöscht, wenn sie gegen Mitglieder so genannter geschützter Kategorien gerichtet sind. Durch die Richtlinien werden damit in erheblichem Ausmaß Äußerungen gelöscht, die zwar moralisch verwerflich sein mögen, rein rechtlich aber nicht zu beanstanden sind.

Wie ich bereits mehrfach geäußert habe, bewerte ich die zunehmende Privatisierung der Rechtsdurchsetzung als ausgesprochen problematisch. Welche Äußerungen tatsächlich getätigt werden können und welche nicht, wird zunehmend nicht mehr durch Gesetzgebung und Rechtsprechung bestimmt, sondern durch schwammige Begriffe in den AGBs großer Plattformanbieter.

Empfehlung der Woche

Stephan Dirks hat einen herrlich ironischen Blog-Beitrag zur Fake News-Debatte verfasst. Ungewollt philosophisch geht er dabei darauf ein, was Wahrheit in juristischen Zusammenhängen bedeutet oder mit seinen eigenen Begriffen: Wie Prozessordnungen Wahrheit erzeugen. Absolut lesenswert.

Da ich in den letzten beiden Wochen des Jahres irgendwo zwischen Bonn, Paris, Heidelberg und Berlin herum irren werde, bin ich mir nicht sicher, ob es in diesem Jahr noch weitere Wochenrückblicke geben wird. Falls nicht wünsche ich allen geneigten Lesern frohe Weihnachten und einen guten Start ins Jahr 2017.

 

Wochenrückblick Internet- und Medienrecht KW 47

Zensur gegen Bruno Kramm eingestellt.BGH-Urteil zu Filesharing und W-Lan-Sicherheit. Holocaust-Leugnerin verurteilt. Black Friday-Abmahnungen. Facebook Anti-Hatespeech Maßnahmen. 

Äußerungsrecht

Polizeipräsident beendet Zensur wegen Böhmermann Gedicht

Der Berliner Polizeipräsident hat Anscheinend das Verfahren gegen den ehemaligen Piratenpartei Vorsitzenden Bruno Kramm eingestellt. Das berichtete Bruno Kramms Anwalt Markus Kompa in seinem Blog. Für diese Maßnahme wurde es höchste Zeit, denn spätestens seit der Einstellung des Verfahrens gegen Jan Böhmermann Mitte Oktober entbehrte das Vorgehen der Berliner Polizei jeglicher Rechtsgrundlage (wie ich in den Wochenrückblicken zur KW 40 und KW 41 bereits bemerkt habe)

Bruno Kramm hatte am 22. April 2016 vor dem türkischen Konsulat Teile des umstrittenen Schmähgedichts von Jan Böhmermann zitiert, diese jedoch analysiert und kritische Stellen im Gedicht als „schmierig“ und „rassistisch“ bezeichnet. Die anwesenden Polizeikräfte verhafteten Bruno Kramm daraufhin mit dem Argument die Wiedergabe des Gedichts sei eine Straftat. Eine Rechtsargumentation, die bei mir blankes Entsetzen ausgelöst hat, wie man mir glaube ich im Video anmerkt:

Vielleicht steckte mir in meiner Beurteilung noch in den Knochen, dass ich selbst auf Grund des Böhmermann Gedichts rechtliches Ungemach hatte. Mein Analyse-Video über das Schmähgedicht wurde damals kurzfristig von Youtube entfernt. Grund war ein unberechtigter Copyright-Claim des ZDF, den ich glücklicherweise ausräumen konnte.

Das Vorgehen gegen Kramm war jedoch noch erheblich unberchtigter: Denn Kramm hatte die Äußerungen Böhmermanns lediglich zitiert, um sie zu analysieren, und sich von fraglichen Äußerungen sogar ausdrücklich distanziert. Er hat sich Böhmermanns Aussagen also keinesfalls zu eigen gemacht. Noch erschreckender als die äußerungsrechtliche Fehleinschätzung der Polizei empfand ich jedoch die Entscheidung des VG Berlin. Denn das Gericht rechtfertigte nicht nur das Vorgehen der Polizei, sondern verlangte von Bruno Kramm zukünftig vor solchen Äußerungen ein Redemanuskript zur Prüfung bei der Polizei einzureichen. Ein eindeutiger Verstoß gegen das verfassungsmäßig garantierte Verbot von Zensur.

Grundgesetz §5

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Nicht umsonst hatte ich das Urteil damals unter dem etwas polemischen Titel „VG Berlin führt Vorzensur in Deutschland ein“ kommentiert. Glücklicherweise hat der Rechtsstreit nun ein glimpfliches Ende genommen. Nach Angaben von Rechtsanwalt Markus Kompa klagt die Piratenpartei weiterhin gegen die Berliner Polizei und fordert nun die Kosten des vorherigen Verfahrens ein. Nach ihrer Meinung hätten die Behörden erkennen müssen, dass die Vorwürfe gegen Kramm unberechtigt sind. Eine Rechtsposition, die meiner Ansicht nach schwer von der Hand zu weisen ist.

Holocaust Leugnerin erneut verurteilt

Das Zensurverbot in §5 GG verbietet es dem Staat Äußerungen seiner Bürger zu verhindern. Es verbietet jedoch nicht rechtswidrige Äußerungen im Nachhinein zu sanktionieren. Das musste nun auch die notorische Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck erneut erfahren. Haverbeck hatte in 8 Artikeln für die rechtsextreme Zeitschrift Stimme des Reiches behauptet der Völkermord an den Juden habe nicht stattgefunden. Die Gaskammern in Auschwitz seien zu Propagandazwecken von Westalliierten erbaut worden.

Das Amtsgericht Verden verurteilte die 88-jährige zum 8. Mal wegen Volksverhetzung. Haverbeck wurde damit nun insgesamt zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Keines der Urteil ist bisher rechtskräftig. In der Urteilsbegründung erklärten die Richter Haverbecks rechtsextremen Ansichten eine klare Absage. Holocaust-Leugnung sei keine schutzwürdige Meinungsäußerung und durch den Schutzbereich von §5 GG nicht abgedeckt.

§ 130 Volksverhetzung

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.     gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2.     die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,  wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Naturgemäß anders sah das Wolfram Nahrath der Anwalt der Verteidigung, der selbst dem rechtsextremen Spektrum angehört. Der Volksverhetzungsparagraph sei nicht anwendbar, weil er verfassungswidrig sei. Eine Ansicht, die nach der Rechtslage, der gängigen juristischen Fachliteratur und der ständigen Rechtsprechung sehr schwer zu begründen erscheint.

Hatespeech bei Facebook

Thomas Stadler hat in einem Lesenswerten Blogartikel die Löschpraxis von Hasskommentaren aus rechtlicher Sicht analysiert. Anlass war ein Artikel auf mobilegeeks, die durch interne Quellen nähere Details zum Löschverfahren bei Facebook öffentlich machen konnten: Wird in Deutschland ein Facebook-Kommentar als Hatespech gekennzeichnet, so wird die manuelle Überprüfung im Auftrag von Facebook von der Arvato AG, einer Bertelsmann-Tochter vorgenommen. Die 600 Mitarbeiter der Arvator AG überprüfen die Kommentare dann anhand eines Kriterien-Katalogs von Facebook. Stadler kritisiert zurecht, dass hier ein Parallelrecht etabliert wird. Die Rechtsdurchsetzung wird nicht mehr von staatlichen Stellen nach rechtlichen Kriterien tatsächlich vorgenommen. Den Entscheidungen fehlt jegliche Legitimität auf Basis der demokratisch legitimierten Rechtsordnung. Zumal die Facebook-Richtlinien mit juristisch nicht definierten Begriffen wie Hatespeech arbeiten. Nicht alles, was Facebook-Nutzer als Hatespeech wahrnehmen, ist jedoch auch rechtswidrig. Diese  Tendenz zur Einschränkung der Meinungsfreiheit ohne formalrechtliche Grundlage ist bedenklich.

Urheberrecht

Filesharing: Voreingestellte Passwörter können ausreichen

Wird von einem Internetanschluss aus ein Filesharing-Vergehen begangen, so erklären die Anschlussinhaber häufig, ihr W-Lan-Router sei gehackt worden, und ein unberechtigter Dritter habe die Urheberrechtsverletzung begangen. Häufiges Gegenargument: Das betreffende W-Lan war nicht hinreichend abgesichert, der Anschlussinhaber habe seine Sicherungspflicht nicht erfüllt und sei demnach trotzdem für den Rechtsverstoß haftbar.

In dieser Situation streiten Juristen und Gerichte häufig darum, wann genau ein W-Lan-Netzwerk hinreichend abgesichert ist. Im Grundsatzurteil Sommer unseres Lebens, hatte der BGH entschieden, dass ein einfaches Passwort des Routers von Werk aus nicht ausreicht. Nun veröffentlichte der BGH eine Pressemeldung zu einem neuen Urteil.

Nach der Pressemeldung hat der BGH entschieden, dass Werkspasswörter doch eine hinreichende Sicherheitsmaßnahme sein können. Und zwar dann, wenn der Hersteller nicht für alle Router einer Serie das gleiche Passwort vergibt, sondern für jedes Gerät ein individuelles.

Stephan Dirks hat in seinem Blog zurecht darauf hingewiesen, dass die genaue Urteilsbegründung noch nicht im Volltext vorliegt, und Pressemeldungen grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen sind. Thomas Stadler gab ebenfalls mit Recht zu bedenken, dass dieser Sachverhalt in einem Rechtsstreit überhaupt nur dann Relevanz hat, wenn ein Hackerangriff überhaupt ernsthaft und konkret in Betracht kommt. In der Tendenz ist das Urteil begrüßenswert. Nichtsdestotrotz ist jedem Internet-Nutzer zu raten, sein W-Lan-Passwort zu individualisieren.

Filesharing Urteile

Ich berichte in den letzten Wochen häufig über einzelne Filesharing Fälle. Das ist deswegen von Relevanz, weil sich nach einem Grundsatzurteil des BGH vor einigen Wochen, eine Änderung in der Rechtsprechungslinie heraus kristallisiert, die ich zu dokumentieren versuche. Nun hat auch das AG Hannover sich der Tendenz der letzten Wochen angeschlossen: In einem Urteil entschied es, dass bei Familienanschlüssen keine hinreichende Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers besteht, wenn mehrere Personen Zugriff auf den Router hatten.

Bundesverfassungsgericht sieht Rechte von Suchmaschinen

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger sieht vor, dass Suchmaschinen wie Google für die Nutzung kleiner Snippets in ihren Suchergebnissen Gebühren an Presse- und Medienverlage zahlen müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu diesem Sachverhalt nun geäußert, und dabei in einer Urteilsbegründung fest gestellt, dass Suchmaschinen eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe erfüllen, und damit auch bestimmte Interessen und Rechte verbunden sind. Konkret müssen Suchmaschinen dazu in der Lage sein Textausschnitte zu verwenden, um Usern das Auffinden von Informationen möglich zu machen. Gerichte müssten dieses Interesse berücksichtigen, wenn sie Urteile fällen. Insbesondere bei der Beurteilung von Begriffen wie Presseerzeugnisses und kleinster Textausschnitt sollen Gerichte die Interessenlage im Hinterkopf behalten.

E-Commerce

Black Friday Abmahnungen

Am Freitag war der berüchtigte Black Friday, der letzte Freitag im November und der Tag nach dem amerikanischen Thanksgiving. An diesem Tag locken in den USA Vertreter des Einzelhandels traditionell mit Sonderangeboten, und eilen von Verkaufsrekord zu Verkaufsrekord. Auch in Deutschland ist die Werbung mit Black Friday-Angeboten mittlerweile angekommen. Doch von der rechtlichen Seite droht Ungemach. Ein Unternehmen aus Hong Kong hat sich den Begriff Black Friday 2013 als Marke eintragen lassen, und verschickt nun Abmahnungen an Händler, die mit dem Begriff werben.

Rechtsanwalt Thomas Stadler vermutete in seinem Blog mit Blick auf das Warensortiment der Firma, dass die Markeneintragung von vornherein mit Blick auf das Abmahn-Geschäft vorgenommen wurde. Sollten Gerichte dem zustimmen, sind die Abmahnungen der Super Union Holdings Ltd haltlos. Denn wenn Abmahn-Gewinne in keinem Verhältnis mehr zur eigentlichen geschäftlichen Tätigkeit eines Unternehmens stehen, entscheiden Gerichte regelmäßig gegen den Abmahnenden.

Korrekte Versandkosten bei Ebay

Wer Waren bei der Online-Plattform Ebay gewerblich verkauft, muss zahlreiche rechtliche Details beachten, um keine unerwünschte Abmahnung im Briefkasten vorzufinden. In einem sehr guten Artikel hat die IT-Rechts-Kanzlei nun auf eines der Risiken hingewiesen: Wer den Versand in ein bestimmtes Gebiet anbiete, der müsse auch die Höhe der konkreten Versandkosten angeben. Die Länder, für die Händler einen Versand anbieten, können sie im Backend von Ebay einstellen.

Alternative Streitbeilegung: Neue Regelungen 2017

Einführungsartikel, Urteile, Pressemeldungen, panische Diskussionen in Foren und Facebook-Gruppen und Änderung über Änderung. Kaum ein Thema hat Online-Händler und Portalbetreiber je so in Aufruhr versetzt, wie die Einführung der alternativen Streitbeilegung dieses Jahr. Die Regelung sorgt nach wie vor für viel Panik und Unverständnis bei Händlern und Internetnutzern. 2017 wird sich nun noch einmal einiges ändern. Was genau hat die IT-Rechts-Kanzlei in einem Überblick zusammen gestellt.

Leseempfehlung der Woche

Wie man hier und da in dem einen, oder anderen Artikel oder Vortrag von mir bemerken kann, störe ich mich sehr an der Rechtsauffassung und der (Un-)Rechtsdurchsetzungspolitik des Reiss Engelhorn Museums Mannheim. Erst überschüttete das Museum kleine Webseiten und Blogs mit Abmahnungen. Dann verklagte das Haus Wikipedia gleich mehrfach. Die (aus meiner Sicht lächerliche) Rechtsposition: Reproduktionsfotografien von Gemälden sollen selbst als Lichtbilder Schutz durch das Urheberrechtsgesetz genießen.

Irights hat sich jetzt abseits von der konkreten juristischen Frage mit der zugrunde liegenden gesellschaftspolitischen Debatte beschäftigt. Lesenswert.

 

Wochenrückblick Internet- und Medienrecht KW 46

2 Millionen Raubkopien bei Razzien sicher gestellt. Bruno Kramm mit Klage gegen GEMA erfolgreich. EuGH schränkt Digitalisierung vergriffener Werke ein. Facebook darf Metadaten von Bildern nicht entfernen. Neue Abmahnungen wegen Creative Commons Bildern.

Urheberrecht

2 Millionen Raubkopien sichergestellt

Dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg ist in dieser Woche ein spektakulärer Schlag gegen gewerbsmäßige Raubkopierer gelungen. Bei Razzien im Raum Göppingen und Schwäbisch Hall sowie in Polen konnten circa 2 Millionen rechtswidrig kopierte Ton- und Filmträger sicher gestellt werden. Ein 60-jähriger Mann, soll der Hauptdrahtzieher der Unternehmung sein. Die kopierten CDs und DVDs waren über Internet, Mailorder und kleine Plattenläden wohl europaweit vertrieben worden.

Wer diese Meldung in der letzten Woche nun gehört hat, stellt sich vielleicht folgende Fragen:

1. Frage: Wer zum Henker hört im Jahre 2016 eigentlich noch CDs? Antwort: Eine ganze Menge Menschen. Der Marktanteil der physischen Tonträger am Musik-Markt beträgt immer noch 60%.

2. Frage: Was für Sanktionen drohen den mutmaßlichen Tätern? Urheberrechtlich geschützte Werke, wie Musik oder Filme ohne Erlaubnis des Rechteinhabers zu verwerten ist gemäß § 106 UrhG strafbar und kann mit bis zu 3 Jahren Haft geahndet werden. Passiert die Verwertung gewerblich (was in diesem Fall unzweifelhaft der Fall zu sein scheint) kommt nach §108a sogar eine Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahren in Betracht. Hinzu kommen zivilrechtliche Ansprüche. Denn die Künstler, Plattenfirmen und Filmstudios können für den rechtswidrigen Vertrieb ihrer Kunstwerke Schadenersatz verlangen. Der wird in diesem Fall nach §97 UrhG an den Einkünften der Raubkopierer zu messen sein:

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden.[…]

3. Frage: Ich habe eine solche CD widerrechtlich gekauft. Habe ich rechtswidrig gehandelt? Wahrscheinlich nicht. Wenn zum Zeitpunkt des Kaufs nicht erkennbar war, dass es sich um eine Raubkopie handelt, ist der bloße Erwerb von Raubkopien nicht rechtswidrig. Vielmehr könnten Käufer der urheberrechtswidrig hergestellten CDs ihrerseits von den mutmaßlichen Hehlern Nacherfüllung ihres Kaufvertrags fordern. Denn die Käufer wollten ja eine Original-CD erwerben. Dass sie nun nur eine Raubkopie bekommen haben, stellt einen Mangel dar. Nach § 439 BGB ist der Verkäufer in diesem Fall verpflichtet den Mangel zu beseitigen, sprich entweder eine Original-CD für den Käufer zu besorgen oder den Kaufpreis zurückzuerstatten.

Problematisch kann es für Käufer werden, wenn sie die CDs im Internet weiter verkaufen oder selbst Kopien der Datenträger anfertigen. Denn ersteres wäre eine rechtswidrige Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werks und letzteres eine Kopie einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage. Beides sind abmahnbare Urheberrechtsvergehen.

Auch GEMA darf keine Verlegeranteile auszahlen

Bruno Kramm, der Vorsitzender der Berliner Piratenpartei ist regelmäßigen Lesern dieses Blogs kein Unbekannter. Im April diesen Jahres hatte ich über einen Auftritt Kramms vor der türkischen Botschaft berichtet. Weil er dabei Auszüge aus dem umstrittenen Schmähgedicht von Jan Böhmermann zitierte, wurde er in seiner Rede unterbrochen und von der Polizei in Gewahrsam genommen. Ein für mich bis heute eindeutig rechtswidriges Vorgehen der Polizei:

Nun machte Kramm in seinem eigentlichen Hauptberuf, nämlich als Musiker von sich Reden. Ebenfalls im April hatte der BGH nämlich gegen die Verwertungsgesellschaft VGWort entschieden, dass die Einkünfte aus der Kopiervergütung ausschließlich an die Autoren auszubezahlen seien. Nach der vorherigen Praxis der VGWort waren diese Gelder, die die Verwertungsgesellschaft einzieht, zu gleichen Teilen an Autoren und Verlage verteilt worden:

Ähnlich wie die VGWort regelte die GEMA die Vergabe von Geldern. Die GEMA ist die Verwertungsgesellschaft der Komponisten und Liedtexter. Sie zieht Gebühren zB. von Radiosendern, Club-Betreibern etc. für das Senden und Abspielen von Musik ein, und bezahlt diese dann an die Rechteinhaber aus. Wie die VGWort bezahlte sie jedoch auch einen großen Anteil der Gelder an die entsprechenden Plattenfirmen.

Was bei Autoren und Verlagen rechtswidrig ist, kann bei Musikern und Plattenfirmen nicht rechtens sein, dachte sich Kramm und klagte vor dem Berliner Kammergericht. Das Gericht gab ihm Recht. Sowohl die Einkünfte aus den mechanischen Rechten an Musikwerken als auch an den Aufführungs- und Senderrechten stehen ausschließlich den Urhebern dieser Werke zu.

Das Urteil wird nicht nur Auswirkungen für die konkrete Verteilung der Gelder haben, sondern auch Fragen über die Zusammensetzung der GEMA-Gremien aufwerfen. Momentan haben die Verleger einen großen Einfluss innerhalb der Institution.

Kommentare:

Markus Kompa (Bruno Kramms Anwalt)

FAZ

GEMA-Urteil: Die Künstler haben die Macht

EuGH erschwert Digitalisierung vergriffener Werke

Was geschieht mit Werken, die nicht mehr im offiziellen Handel erhältlich sind? Das ist eine Frage, der sich die Kulturpolitik immer wieder stellen muss. Insbesondere seit durch die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung Werke mit wenig Ressourcenaufwand dauerhaft einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden könnten. Doch was technisch machbar ist, ist noch lange nicht rechtlich erlaubt. Im Falle von Kunstwerken müssen die Urheberrechte der Künstler berücksichtigt werden, weswegen deren Erlaubnis für die Digitalisierung eingeholt werden muss. Keine leichte Aufgabe, denn bei der großen Menge an vergriffenen (und teilweise auch verwaisten) Werken, ist es schwierig bis unmöglich jeden einzelnen Autor oder Künstler um seine Erlaubnis zu fragen.

In Staaten wie Norwegen greift man deswegen auf Extended Collective Licensing zurück. Das bedeutet: Verwertungsgesellschaften dürfen im Namen aller Rechteinhaber eines Bereichs Verträge abschließen und Rechte einräumen, auch im Namen von Rechteinhabern, die gar nicht in der Verwertungsgesellschaft organisiert sind. Das ist unter anderem Rechtsgrundlage für das Mammutprojekt alle norwegischen Bücher zu digitalisieren.

Auch in Frankreich versuchte die Verwertungsgesellschaft Sofia besseren Zugriff zu vergriffenen Werken zu schaffen. Beauftragt durch eine offizielles Dekret digitalisierte die Verwertungsgesellschaft solche Werke und zahlte im Gegenzug den Urhebern eine Pauschale aus. Wollte ein Autor nicht, dass seine Werke weiterhin veröffentlicht werden, so konnte er innerhalb von 6 Monaten gegen die Veröffentlichung Einspruch einlegen.

Diese Regelung ist rechtswidrig, wie nun der EuGH entschied. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Autor der Verwertung seiner Werke zustimme, nur weil er dieser nicht widersprochen habe. Es gebe zwar ein Interesse der Öffentlichkeit Zugriff zu vergriffenen Werken zu bekommen. Die bisherigen Gesetze sehen eine Ausnahme vom Urheberrecht für solche Fälle jedoch schlicht nicht vor.

Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf entsprechende Projekte in Deutschland. Das Europäische Parlament sollte dringend neue gesetzliche Regelungen zur Frage verabschieden. Denn die Rechts-Realiät, die der EuGH hier festgestellt hat, hat eigentlich fast nur Verlierer.

Abmahnungen wegen Creative Commons Lizenzen

Wer einen meiner Blogs, meinen Youtube-Kanal oder meine Tätigkeit bei gutefrage.net verfolgt, dem wird aufgefallen sein, dass ich ein riesiger Fan von Creative Commons Lizenzen bin. Die freien Lizenzen, die der amerikanische Professor Lawrence Lessig geschaffen hat, erlauben es Kreativen ihre Werke kostenlos und Rechtssicher der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Ein Angebot, das viele Künstler gerne annehmen. Weltweit gibt es bereits mehr als 1 Milliarde Creative Commons Werke.

Die Lizenz hat jedoch auch ihre Risiken: Wer Creative Commons Werke verwendet, muss die Bedingungen der jeweiligen Creative Commons Lizenz erfüllen. Diese sind nicht immer leicht zu verstehen. Und so kommt es zu vielen Fehlern bei der Nutzung von Creative Commons Werken.

Leider gibt es mittlerweile viele Urheber (vor allem Fotografen), die sich mittels Creative Commons-Bildern bereichern wollen. Sie stellen Fotos unter Creative Commons Lizenz ins Internet, warten bis einzelne User die Bilder nutzen, ohne die Creative Commons Lizenz korrekt zu erfüllen, und mahnen dann ab.

Der hinlänglich bekannte Abmahn-Fotograf Thomas Wolf scheint nach einem aktuellen Bericht der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke nun sogar so dreist zu sein, dass er nicht einmal mehr eine Kanzlei mit Abmahnungen beauftragt, sondern selbst Rechnungen für die Nutzung per E-Mail verschickt. Die E-Mails scheinen standartisierte Texte zu enthalten, weshalb Betroffene erst einmal prüfen sollten, ob sie die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung überhaupt begangen haben.

Wer Creative Commons lizenzierte Inhalte nutzt, sollte immer genau auf die Einhaltung der Lizenzbedingungen achten.

Anleitung:

Recht bei Youtube: Creative Commons Lizenzen

Facebook muss Metadaten an Bildern beibehalten

Digitale Bilder enthalten so genannte Metadaten. Das sind Informationen zum Aufnahmeort, zur Geräteeinstellung des Fotoapparates oder zu rechtlichen Fragen. Sie werden entweder schon bei der Aufnahme automatisch durch das Aufnahmegerät in die Datei geschrieben, oder im Nachhinein durch entsprechende Tools ergänzt.

Wenn Plattformen oder Soziale Netzwerke Bilder anboten, so wurden diese Metadaten zumeist dabei entfernt. Das rief großen Unmut zum Beispiel bei Berufsfotografen hervor. Denn mittels der Metadaten konnten sie zum Beispiel die Urheberschaft an ihren Fotos nachweisen.

In einem Urteil des LG Hamburg vom 9. Februar, das nun rechtskräftig wurde, gaben die hanseatischen Richter den Fotografen in einer Klage gegen Facebook Recht. Unter anderem hatte sich der Fotografenverband Freelens auf §95 c UrhG berufen, nach dem zur Rechtewahrnehmung erforderlichen Informationen nicht vom Werk entfernt werden dürfen. Wie Facebook nun auf das Urteil reagieren wird, ist noch unklar.

Wettbewerbsrecht

Ist vergleichende Werbung verboten?

Die eigenen Waren und Dienstleistungen, so eine verbreitete Meinung, darf in der Werbung nicht mit den Angeboten von Konkurrenten verglichen werden. So einfach ist es jedoch nicht, wie nun das OLG Frankfurt erneut bestätigte. Im vorliegenden Fall hatte ein Kosmetik-Hersteller geklagt, weil ein Konkurrent mit folgendem Slogan geworben hatte:

„X-Skin Care-System“ – die neue Aloe Vera Systempflege bietet eine funktionelle gleichwertige und preiswerte Alternative zu der Pflegeserie „Aloe Vera System I von Y“

Unzulässig? Grundsätzlich nicht , entschied das OLG Frankfurt. Denn vergleichende Werbung ist dann erlaubt, wenn die Produkte tatsächlich vergleichbar sind und die Werbeaussagen belegt werden können. Im vorliegenden Fall war die Werbung jedoch trotzdem rechtswidrig, weil die grafische Anordnung der Produkte irreführend gewesen sei.

Vergleichende Werbung ist also nicht grundsätzlich verboten. Wer eine vergleichende Werbemaßnahme plant, sollte jedoch einen auf Wettbewerbsrecht spezialisierten Fachanwalt zu rate ziehen.

Datenschutz

Knöllchen Horst und die Dashcam

Das Verwaltungsgericht Göttingen hatte einen kuriosen Fall zu entscheiden. Im Mittelpunkt: Ein geschätzter Mitbürger, dem die Medien den Künstlernamen Knöllchen Horst verliehen haben. Knöllchen Horst hatte an seinem Auto eine Kamera befestigt, mit der er regelmäßig den Straßenverkehr überwachte. Falschparker und andere Verkehrssünder, die er dabei entdeckte, meldete er an die zuständigen Behörden und lieferte durch das Videomaterial gleich die Beweismittel mit.

An Knöllchen Horsts Überwachung störten sich nun nicht nur seine Mitbürger sondern auch der niedersächsische Datenschutzbeauftragte. Er verfügte, dass Knöllchen Horst seine Überwachungstätigkeit einzustellen habe. Dagegen wehrte sich der Betroffene vor dem Verwaltungsgericht Göttingen. Vergeblich.

Indem er seine Mitbürger und Verkehrsteilnehmer mit der Dashcam aufnahm, sammelte Knöllchen Horst nämlich laut Urteilsbegründung des Göttinger Gerichts Personenbezogene Daten. Nach dem §1 des Bundesdatenschutzgesetzes ist dies lediglich für persönliche oder familiäre Zwecke zulässig. Die Beobachtung von Verkehrsteilnehmern sah das Gericht hiervon nicht gedeckt. Insofern durfte Knöllchen Horst die Aufnahmen nicht machen. Es sei denn er hätte von jedem einzelnen Falschparker eine Erlaubnis für die Erhebung seiner Daten eingeholt und ihn dabei belehrt  zu welchem Zweck die Daten erhoben werden.

Ob die Übergabe der Filmaufnahmen an die Polizei in diesem Falle als Auftragsdatenverarbeitung zu bewerten wäre, müsste ein Gericht gesondert entscheiden…

Sonstiges

Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz bleibt zulässig

In der Schweiz hatten Bürgerrechtler gegen die Vorratsdatenspeichrung geklagt. Das Bundesverwaltungsgericht lehnte die klage nun ab. Die Grundrechte der Bevölkerung seien nicht in unzulässigem Maße eingeschränkt. Die Erfassung der Kommunikationsdaten diene der Strafverfolgung und liege deshalb im öffentlichen Interesse.

Lese/Hör-Empfehlungen

Aus der Rechts-Blogosphäre habe ich in dieser Woche gleich drei Empfehlungen. 2 Podcasts und einen Blog-Artikel.

Zunächst hat die Heise-Show sich in einem 40-minütigen Podcast damit beschäftigt, welche rechtlichen Regelungen für private Drohnen sinnvoll und notwendig sind.

Vor einigen Wochen hatte ich bereits angekündigt, dass die beiden größten deutschen Jura-Podcasts Rechtsbelehrung und Jurafunk eine gemeinsame Folge planen. Seit Donnerstag ist diese nun online. Das Thema ist passenderweise Recht für Podcaster.

Anlässlich der Podcast-Folge habe ich mir noch einmal den Blog von Jurafunk-Betreiber Stephan Dirks angeschaut und dort eine sehr ausführliche und verständliche Überblicksdarstellung über die Rechtsprechung des BGH zum Thema Filesharing gefunden. Wie mehrere Urteile in den letzten Wochen zeigen, scheint die Rechtsprechung wenigstens in Puncto „Haftung für Angehörige“ im Umdenken begriffen zu sein.

 

KG Berlin: Whatsapp braucht deutsche AGB

Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass Whatsapp seine AGB in deutscher Sprache zur Verfügung stellen muss. Außerdem muss die Firma ihr Impressum berichtigen und einen schnellen und unmittelbaren Kommunikationsweg bereit stellen. Die Angabe von Twitter-Account und Facebook-Seite reichen nicht. Das Urteil kann Folgen für viele andere Internet-Diensteanbieter haben.

Whatsapp photo

Whatsapp muss seine AGB auf deutsch bereit halten. Das urteilte das Kammergericht Berlin in einem Urteil, dass erst in der letzten Woche veröffentlicht wurde. Bisher hatte das soziale Netzwerk seine Geschäftsbedingungen nur auf englisch zur Verfügung gestellt. Ein anders lautendes Urteil des Berliner Landgerichts hob das Kammergericht damit auf. Die Richter beriefen sich in ihrer Argumentation vor allem auf:

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Ein so komplexer und umfassender Text wie die Regelungen eines sozialen Netzwerks sei nicht klar und verständlich, wenn er in einer fremden Sprache formuliert sei. Zwar sei Englisch als Geschäftssprache mittlerweile gängig. Einen komplexen juristischen Text in all seinen Nuancen und Feinheiten in einer Fremdsprache verstehen zu können, sei jedoch für den beteiligten Verkehr nicht zumutbar. Verbraucher werden hierdurch unzumutbar benachteiligt.

Fehlende Kontaktmöglichkeit im Impressum

Des Weiteren monierte das Kammergericht, dass im Impressum von Whatsapp keine direkte Kommunikationsmöglichkeit mit dem Unternehmen angegeben war. Eine solche ist im Telemediengesetz zwingend vorgeschrieben:

§5 TMG

(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

[…]

2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post,

Nach Rechtsprechung des EuGH muss eine Diensteanbieter auf diese „unmittelbare Kommunikation“ innerhalb von 60 Minuten reagieren können. Gewöhnlicherweise wird zur Erfüllung dieses Kriteriums im Impressum eine Telefonnummer/Hotline des Unternehmens angegeben. Whatsapp hatte lediglich auf die Firmen eigene Facebook-Seite und den Twitter Account verwiesen. Pikanterweise waren die Optionen der Facebook-Seite dabei so eingestellt, dass ihr keine privaten Nachrichten übermittelt werden konnten.

Ob eine Facebook-Seite generell den Anforderungen von §5 TMG genügen kann, hat das Kammergericht explizit offen gelassen:

Hierbei kann offenbleiben, ob dem schon entgegensteht, dass hier dritte Unternehmen eingeschaltet sind, was möglicherweise besagtes Erfordernis der Unmittelbarkeit außer Acht lässt.

Eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema steht also noch aus. Die Problematik ist klar: Nicht jeder User besitzt einen Facebook-Account und somit können auch nicht alle User die Firma bei Facebook erreichen.

Für den vorliegenden Fall spielte das alles keine Rolle: Der Facebook-Seite konnten User keine privaten Nachrichten schreiben. Dem Twitter-Account ebenfalls nicht, weil private Nachrichten bei Twitter nur an Follower geschickt werden können. Damit gab es überhaupt keine Möglichkeit zur „elektronischen Kontaktaufnahme“.

Die Folgen

Das Urteil kann Folgen für verschiedene andere soziale Netzwerke haben, die ihre AGB ebenfalls nicht auf deutsch zur Verfügung stellen. Die grundlegende Frage ist dabei immer, ob deutsche Gerichte überhaupt zuständig sind. AGB sind eine Frage des Wettbewerbsrechts. Hier sind deutsche Gerichte nur zuständig, wenn sich das geschäftliche Angebot des Anbieters an einen deutschen Markt richtet.

Konkret könnten zum Beispiel die Musik-Plattform Soundcloud in Schwierigkeiten geraten. Sie hält ihre AGB ebenfalls nur auf Englisch vor. Dieser Umstand hat Sprengkraft, weil die Soundcloud AGB den Download von Songs der Plattform verbieten. Abgesehen davon, dass diese Regelung ohnehin umstritten ist: Weil die „Terms of use“ nicht in deutscher Sprache vorgehalten werden, könnten die entsprechenden Passagen nun in Deutschland unwirksam sein. Damit dürften sich User mit den vielen gängigen Download-Diensten Musik von der Plattform herunter laden.

Strafandrohung gegen CEO

Whatsapp wurde also verpflichtet, seine AGB auf deutsch anzubieten und sein Impressum zu korrigieren. Brisantes Detail: Bei Nichterfüllung wurden dem CEO Jan Koum sogar 6 Monate Ordnungshaft angedroht. Mindestens im Vergleich der Gerichtsurteile, die ich bisher kenne, scheint mir das nicht unbedingt üblich.

Sowohl das Urteil als auch die Strafandrohung lassen sich für mich in eine Tendenz der europäischen Politik und Rechtsprechung einordnen: Aufhebung des Safe Harbour Urteils. Die Auseinandersetzungen über Hatespeech bei Facebook. Die jüngsten Ermittlungen gegen Google in Frankreich. Lange hatten die großen Internet-Konzerne weitgehend losgelöst von nationalem Recht agiert. Oftmals hatten sie argumentiert nur nach amerikanischem Recht belangbar zu sein. Nun scheinen sich Regierung, Parlamente und Gerichte dazu entschlossen zu haben Google, Facebook und Konsorten an dem nationalen Recht der Länder zu messen, von denen aus ihre Dienste verwendet werden. Ob das Erfolg hat, bleibt abzuwarten.