KG Berlin: Whatsapp braucht deutsche AGB

Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass Whatsapp seine AGB in deutscher Sprache zur Verfügung stellen muss. Außerdem muss die Firma ihr Impressum berichtigen und einen schnellen und unmittelbaren Kommunikationsweg bereit stellen. Die Angabe von Twitter-Account und Facebook-Seite reichen nicht. Das Urteil kann Folgen für viele andere Internet-Diensteanbieter haben.

Whatsapp photo

Whatsapp muss seine AGB auf deutsch bereit halten. Das urteilte das Kammergericht Berlin in einem Urteil, dass erst in der letzten Woche veröffentlicht wurde. Bisher hatte das soziale Netzwerk seine Geschäftsbedingungen nur auf englisch zur Verfügung gestellt. Ein anders lautendes Urteil des Berliner Landgerichts hob das Kammergericht damit auf. Die Richter beriefen sich in ihrer Argumentation vor allem auf:

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Ein so komplexer und umfassender Text wie die Regelungen eines sozialen Netzwerks sei nicht klar und verständlich, wenn er in einer fremden Sprache formuliert sei. Zwar sei Englisch als Geschäftssprache mittlerweile gängig. Einen komplexen juristischen Text in all seinen Nuancen und Feinheiten in einer Fremdsprache verstehen zu können, sei jedoch für den beteiligten Verkehr nicht zumutbar. Verbraucher werden hierdurch unzumutbar benachteiligt.

Fehlende Kontaktmöglichkeit im Impressum

Des Weiteren monierte das Kammergericht, dass im Impressum von Whatsapp keine direkte Kommunikationsmöglichkeit mit dem Unternehmen angegeben war. Eine solche ist im Telemediengesetz zwingend vorgeschrieben:

§5 TMG

(1) Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

[…]

2. Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post,

Nach Rechtsprechung des EuGH muss eine Diensteanbieter auf diese „unmittelbare Kommunikation“ innerhalb von 60 Minuten reagieren können. Gewöhnlicherweise wird zur Erfüllung dieses Kriteriums im Impressum eine Telefonnummer/Hotline des Unternehmens angegeben. Whatsapp hatte lediglich auf die Firmen eigene Facebook-Seite und den Twitter Account verwiesen. Pikanterweise waren die Optionen der Facebook-Seite dabei so eingestellt, dass ihr keine privaten Nachrichten übermittelt werden konnten.

Ob eine Facebook-Seite generell den Anforderungen von §5 TMG genügen kann, hat das Kammergericht explizit offen gelassen:

Hierbei kann offenbleiben, ob dem schon entgegensteht, dass hier dritte Unternehmen eingeschaltet sind, was möglicherweise besagtes Erfordernis der Unmittelbarkeit außer Acht lässt.

Eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema steht also noch aus. Die Problematik ist klar: Nicht jeder User besitzt einen Facebook-Account und somit können auch nicht alle User die Firma bei Facebook erreichen.

Für den vorliegenden Fall spielte das alles keine Rolle: Der Facebook-Seite konnten User keine privaten Nachrichten schreiben. Dem Twitter-Account ebenfalls nicht, weil private Nachrichten bei Twitter nur an Follower geschickt werden können. Damit gab es überhaupt keine Möglichkeit zur „elektronischen Kontaktaufnahme“.

Die Folgen

Das Urteil kann Folgen für verschiedene andere soziale Netzwerke haben, die ihre AGB ebenfalls nicht auf deutsch zur Verfügung stellen. Die grundlegende Frage ist dabei immer, ob deutsche Gerichte überhaupt zuständig sind. AGB sind eine Frage des Wettbewerbsrechts. Hier sind deutsche Gerichte nur zuständig, wenn sich das geschäftliche Angebot des Anbieters an einen deutschen Markt richtet.

Konkret könnten zum Beispiel die Musik-Plattform Soundcloud in Schwierigkeiten geraten. Sie hält ihre AGB ebenfalls nur auf Englisch vor. Dieser Umstand hat Sprengkraft, weil die Soundcloud AGB den Download von Songs der Plattform verbieten. Abgesehen davon, dass diese Regelung ohnehin umstritten ist: Weil die „Terms of use“ nicht in deutscher Sprache vorgehalten werden, könnten die entsprechenden Passagen nun in Deutschland unwirksam sein. Damit dürften sich User mit den vielen gängigen Download-Diensten Musik von der Plattform herunter laden.

Strafandrohung gegen CEO

Whatsapp wurde also verpflichtet, seine AGB auf deutsch anzubieten und sein Impressum zu korrigieren. Brisantes Detail: Bei Nichterfüllung wurden dem CEO Jan Koum sogar 6 Monate Ordnungshaft angedroht. Mindestens im Vergleich der Gerichtsurteile, die ich bisher kenne, scheint mir das nicht unbedingt üblich.

Sowohl das Urteil als auch die Strafandrohung lassen sich für mich in eine Tendenz der europäischen Politik und Rechtsprechung einordnen: Aufhebung des Safe Harbour Urteils. Die Auseinandersetzungen über Hatespeech bei Facebook. Die jüngsten Ermittlungen gegen Google in Frankreich. Lange hatten die großen Internet-Konzerne weitgehend losgelöst von nationalem Recht agiert. Oftmals hatten sie argumentiert nur nach amerikanischem Recht belangbar zu sein. Nun scheinen sich Regierung, Parlamente und Gerichte dazu entschlossen zu haben Google, Facebook und Konsorten an dem nationalen Recht der Länder zu messen, von denen aus ihre Dienste verwendet werden. Ob das Erfolg hat, bleibt abzuwarten.

 

Neue Videos: Einführung ins Urheberrecht

2 neue Einführungs-Videos über Urheberrecht habe ich für den Youtube-Kanal „Thomas hat Recht“ produziert. Warum 2? Das erkläre ich in diesem Blog-Beitrag.

So. Nach drei Wochen Flaute auf dem Youtube-Kanal, habe ich endlich wieder zwei Videos produziert. Meine „Einführung ins Urheberrecht“ ist seit eben Online. Das Video ist eine ausführliche Einführung, in der ich viele Gesetzesparagraphen vorlese. Für Kenner ist das sicher ermüdend. Und ich weiß, dass auch nicht jeder Einsteiger gleich eine solch geballte Packung Infos haben will. Das Video dient eigentlich für einen Fall, der mir in Facebook-Gruppen, Foren und bei gutefrage.net sehr häufig passiert: Wenn ich die Rechtslage zum Urheberrecht erkläre, glaubt man mir oft nicht. Ich muss dann mühselig Gesetzesparagraphen und Urteile zusammen suchen, um die Leute zu überzeugen. Deswegen jetzt dieses Video. Das sollte die meisten Zweifler zum Schweigen bringen.

Urheberrecht „kurz erklärt“

Ich habe noch ein zweites Video Video zum Urheberrecht produziert. Eine kurze Version dieses Videos für meine neue Reihe: „kurz erklärt“. Das Video wird am Sonntag erscheinen und die Sachverhalte ohne viel Erklärung oder Begründung zusammen fassen. Wer tiefer in die Thematik einsteigen will, kann dann über ein Link die lange Version anschauen.

Ich bin mal gespannt, ob sich es sich bewährt eine lange und eine kurze Version eines Videos zu machen. Ist zwar immer etwas mehr Arbeit. Trifft aber die Anforderungen der verschiedenen Zielgruppen vielleicht besser.

Edit

Das „kurz erklärt“ Video ist jetzt online. Ich bin gespannt auf Rückmeldung.

 

Und ewig grüßt die Störerhaftung

In der letzten Woche hatte ich in zwei verhalten optimistischen Artikeln, die Fortschritte im Bereich der Störerhaftung beleuchtet. Zu früh, wie sich heraus stellte…

In der letzten Woche gelangte viel Dynamik in die Debatte um die Störerhaftung. Zuerst kündigte die Regierungskoalition ein neues Gesetzgebungsverfahren zur Abschaffung der Störerhaftung für WLAN an. Dann berichteten verschiedene Medien (auch Anwälte und Rechtsblogs) von einem Urteil des Bundesgerichtshofs, dass die Störerhaftung entscheidend einschränke.

Das BGH Urteil

Vor allem Anwalt und Rechts-Youtuber Christian Solmecke hatte fast euphorisch auf das Urteil reagiert:

Ähnlich hatte ich mich auch in meiner Bewertung des Urteils geäußert. Immerhin schien die Formulierung in der Pressemeldung des BGH recht klar:

Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.

Die Störerhaftung für WLAN hatte bis jetzt zur Folge, dass der Anschlussinhaber für Rechtsverstöße haftbar gemacht werden konnte, die andere über seinen Internet-Anschluss begangen haben. War etwa eine Urheberrechtsverletzung über einen Anschluss erfolgt, musste der Inhaber bisher musste der Anschlussinhaber bisher nachweisen, alle Personen, die Zugang zu seinem Internet hatten, ordentlich belehrt zu haben. Wenn diese Verpflichtung nun aufgehoben wäre, würde der Störerhaftung ein schwerer Schlag versetzt. Denn damit würde der Anschlussinhaber praktisch aus der Haftung heraus kommen.

Bevor der vollständige Text eines Urteils inklusive der Begründung nicht vorliegt, sollte man keine allzu weit gehende Schlüsse ziehen. So auch in diesem Fall. Wie Rechtsblogger Thomas Stadler in seinem Blog-Beitrag heraus stellte, hatte die Anschlussinhaberin im konkreten Fall die Urheberrechts-Verletzerin benannt. Ob die grundsätzlichen Ausführungen des BGH auch gültig sind, wenn der Urheberrechtsverletzer nicht bekannt ist (wie in den meisten Fällen) bleibt bis zur Veröffentlichung des gesamten Urteilstextes offen.

Wieder neue Entscheidungen des BGH zum Filesharing

Im übrigen sind die restlichen 5 Filesharing-Fälle, die der BGH zeitgleich entschieden hat, eher ein weiter Rückschritt. Denn die Schadenersatzforderungen und Anwaltskosten wurden extrem nach oben getrieben. Weit über den Bereich hinaus, der eigentlich über den gesetzlich festgelegten Höchststreitwert gegeben ist.

Teilnahme an Internet-Tauschbörsen – und der Streitwert

Die Gesetzesinitiative

Was die Gesetzesinitiative zur Abschaffung der Störerhaftung angeht, so war ich von vornherein skeptisch. Dies bestätigte mir nun die (sehr empfehlenswerte) Episode der #heiseshow zur Störerhaftung. Dort stellte Anwalt Joerg Heidrich (ca. ab min 13.00) fest, dass die Regierungskoalition lediglich vorhabe den Schutz für acess provider nach §10 TMG explizit im Gesetz auf WLAN auszuweiten. Eine eindeutige Verbesserung zum vorherigen Zustand: Denn so wären die Anschlussinhaber immerhin vor strafrechtlicher Haftung und Schadenersatzansprüchen sicher.

Leider geht dieses Gesetzgebungsverfahren genau an der Kern-Argumentation vorbei, mit der der BGH die Störerhaftung als Rechtsprechungsprinzip begründet: §10 TMG gelte nicht für Unterlassungsansprüche. Und eben solche werden durch Abmahungen geltend gemacht.

Die Ereignisse rund um die Störerhaftung in der letzten Woche zeigen leider mal wieder, dass man sich in Deutschland nicht zu früh auf digitalen Fortschritt freuen sollte.

 

BGH schränkt Störerhaftung ein

Störerhaftung: Nach dem politischen Paukenschlag gestern sorgt heute der BGH für Schlagzeilen. In einem Urteil schränkte er die Störerhaftung entscheidend ein.

Die Störerhaftung kommt kaum aus den Schlagzeilen. Erst gestern hatte die Regierungskoalition angekündigt, die Störerhaftung endgültig abschaffen zu wollen. (Mein Artikel inklusive juristischer Hingergründe zum Thema findet sich hier) Nun hat der BGH in einem heutigen Urteil die von ihm selbst geschaffene Störerhaftung entscheidend eingeschränkt.

Störerhaftung und Belehrungspflicht

Wenn in Deutschland über einen Internetanschluss eine rechtswidrige Handlung wie etwa ein urheberrechtswidriges Filesharing begangen wird, dann wird zunächst vermutet, dass der Inhaber dieses Internetanschlusses auch der Täter ist. Es obliegt dann ihm nachzuweisen, dass auch andere Personen die Tat über sein WLAN hätten begehen können.

Kritischer Punkt: (Und hierin unterscheidet sich die deutsche Rechtsprechung von der Rechtsprechung der restlichen westlichen Welt) Wenn andere Personen Zugriff auf den Internet Anschluss hatten, so haftet der Anschlussinhaber als Störer, weil er die Infrastruktur für den Rechtsverstoß zur Verfügung gestellt hat. Dies traf nach der Rechtsprechung des BGH nur dann nicht zu, wenn er alle Nutzer seines Internetanschlusses (Etwa Familienmitglieder, Nachbarn oder Mitbewohner) darüber belehrt hatte, dass sie keine urheberrechtswidriges Filesharing betreiben dürfen.

Das heutige Urteil

Von diesem Grundsatz ist der BGH nunmehr abgekommen. Er hält es nach seinem Urteil von heute fest:

Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermöglicht, trifft keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.

Die Folgen

Das Urteil hat in der Tat das Potential der im sterben liegenden Störerhaftung den Todesstoß zu versetzen. Bereits in den letzten Jahren häuften sich Fälle in denen Abgemahnte sich mit folgender Argumentationsstrategie erfolgreich vor Gericht gegen Schadenersatzforderungen wehrten:

„Ich bestreite nicht, dass der Urheberrechtsverstoß über meinen Internetanschluss geschehen ist. Jedoch bestreite ich den Verstoß begangen zu haben bzw. mache diesbezüglich von meinem Zeugnisverweigerungsrecht gebraucht. Auf den Internet-Anschluss hatten neben mir auch meine Familie/ meine Mitbewohner/meine Gäste Zugriff. Wer von uns den Verstoß begangen hat, ist also nicht bekannt. Die Schadenersatzforderungen können deswegen nicht geltend gemacht werden, weil nicht klar ist bei wem.“

Der letzte Ausweg der Abmahn-Anwälte war in diesem Fall zu argumentieren: „Die Mitnutzer des Internetanschlusses wurden nicht korrekt darüber belehrt, dass sie kein illegales Filesharing betreiben dürfen bzw. kann der Anschlussinhaber nicht nachweisen die Mitnutzer ausreichend belehrt zu haben.“

(Ausführlich zur Störerhaftung, sei wie gestern auf den Podcast Rechtsbelehrung von Markus Richter und Thomas Schwenke verwiesen. Bei um 1.00.00 findet sich auch eine herrliche Diskussion, über Belehrungspflicht und Nachweisbarkeit)

Fazit

Mit dem neuen Urteil des BGH ist Abmahn-Anwälten der Musik- und Filmindustrie ihr letzter Argumentationsweg verbaut. Sie kann nun nur noch Schadenersatz gegen Filesharer geltend machen, wenn sich genau nachweisen lässt, wer den Verstoß begangen hat. In Zeiten kollaborativer Internetnutzung und freier WLANs wird das zukünftig nur noch selten vorkommen. Noch bevor etwaige Gesetzesänderungen greifen, könnte dieses Urteil der Störerhaftung also den Gar ausmachen.

 

Regierung will Störerhaftung abschaffen?

Die Große Koalition hat angekündigt die umstrittene Störerhaftung für offene W-LANs abzuschaffen. Fachjuristen, die Öffentlichkeit, Wirtschaftsvertreter und zuletzt der EuGH hatten die Regierung stark unter Druck gesetzt. Für allzu Große Freudenausbrüche ist es jedoch zu früh…

Online-Rechtsthemen schaffen es selten in die Mainstream-Schlagzeilen. Wenn nun Medien wie Zeit, Frankfurter Rundschau, Spiegel und heise synchron berichteten, zeigt das wie groß diese Meldung ist: Die Regierungskoalition will die Störerhaftung abschaffen, bestätigte auch Justizminister Heiko Maaß bei Twitter.


Das Netz jubelte. In sozialen Netzwerken zeigte sich ausgelassene Freude. Wirtschaftsverbände wie der Digitalverband Bitkom begrüßten die Entscheidung.
Sollten sich die Hoffnungen bewahrheiten, wäre das das Ende eines merkwürdigen rechtlichen Sonderwegs in Deutschland.

 

Was ist die Störerhaftung?

Störerhaftung ist ursprünglich überhaupt kein reiner Begriff des Internet-Rechts, sondern leitet sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ab:

§1004 BGB

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

Musterbeispiel für einen klassischen Anwendungsfall: Ein morscher Baum wächst von meinem Grundstück auf das meines Nachbarn herüber. Ich muss verhindern, dass der Baum auf das Nachbarhaus stürzt. Darauf hat mein Nachbar Anspruch, obwohl ich den Baum nicht absichtlich oder durch eigenes Zutun auf sein Haus stürzen lasse. Dadurch, dass der Baum auf meinem Grundstück wächst, habe ich bestimmte Pflichten.

Jahrzehnte lang war der Begriff der Störerhaftung nur wenigen Fachjuristen bekannt und führte zu fast keinen Streitigkeiten. Dann kam der BGH.

Störerhaftung bei W-LANs

In seiner Grundsatzentscheidung „Sommer unseres Lebens“ legte der BGH im Jahre 2010 grundsätzlich fest, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für alle Rechtsverstöße als Störer haftet, die von seiner IP-Adresse aus begangen werden. Es sei denn er hat sein W-LAN durch Sicherheitsmaßnahmen auf aktuellem Stand geschützt.

Die Entscheidung war ein Novum in Europa und allen sonstigen westlichen Industriestaaten. Und es muss hier noch einmal ausdrücklich betont werden: Die Politik war hier vollkommen unschuldig. Der BGH hat die Grundlagen seiner ständigen Rechtsprechung durch eine … sagen wir sehr weitgehende Auslegung bestehender Gesetze geschaffen.

Störerhaftung: Juristisch haltbar?

Der gewichtigste Rechtsgrund gegen die Störerhaftung ist der Artikel 10 des Telemediengesetzes:

§10 TMG

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

(1) sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, […]

Der BGH hatte dagegen bisher stets argumentiert: Die Artikel 9 – 11 des Telemediengesetzes seien auf Unterlassungsansprüche (wie sie etwa bei Abmahnungen gegen Urheberrechtsverstöße geltend gemacht werden) nicht anwendbar.

Anwalt und Rechtsblogger Thomas Stadler hatte bereits 2010 darauf hingewiesen, dass diese Rechtsansicht sowohl der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als auch der Rechtsprechung des BGH an anderer Stelle widerspricht.

Wer sich mit der (fragwürdigen) juristischen Argumentation zur Störerhaftung genauer auseinander setzen will, dem sei der Podcast „Rechtsbelehrung“ von Thomas Schwenke und Markus Richter empfohlen.

Etwa bei 1.00.00 bringt Markus Richter den Stand der Diskussion sehr gut auf den Punkt.

Markus Richter: Das ist doch alles total absurd!!!

Grund für die Gesetzesänderung: der EuGH

Anlass für die nun so plötzlichen Bemühungen der Regierungskoalition ist die Äußerung des Generalanwalts am EuGH vom 16. März diesen Jahres. In dem konkreten Fall klagt ein Mitglied der Piratenpartei aus München in Brüssel. Der beklagte hatte ein offenes W-Lan betrieben und weigerte sich Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche für eine Urheberrechtsverletzung zu übernehmen, die von seiner IP aus begangen worden waren. Der Generalanwalt Szpunar gab ihm Recht. Von einem W-LAN-Anbieter könne nicht verlangt werden, sein W-LAN zu verschlüsseln. Das Urteil des EuGH in dem Fall liegt noch nicht vor. Das Gericht folgt jedoch häufig dem Antrag des Generalanwalts.

Auf diesen Druck aus Brüssel ist der neue Anlauf der Regierungskoalition zurück zu führen. Bis der konkrete Gesetzesentwurf vorliegt, genieße ich die Ankündigung mit Vorsicht. Die Regierung hatte schon im September letzten Jahres großspurig die Abschaffung der Störerhaftung angekündigt. Im Gesetzesentwurf fanden sich dann aber Regelungen, die im Gegenteil die irrwitzige Rechtsprechung des BGH sogar fest gegossen hätten.

Der deutsche Sonderweg der Störerhaftung ist noch nicht beendet.

 

VG Berlin führt Vorzensur in Deutschland ein

In einer aberwitzigen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Berlin eine Demonstration der Piratenpartei verboten. Brisantes Detail: Die Piraten sollten den zuständigen Behörden vorab ein Redemanuskript zur Prüfung überlassen. Das Grundgesetz verbietet explizit jede Art von Vorzensur.

„Verfassungsbruch!“ „Zensur!“ „Verstoß gegen das Grundgesetz!“ In unserem gegenwärtigen politischen Diskurs fallen diese Anschuldigungen sehr schnell. Bei jeder unbequemen Entscheidung eines Amtsträgers werden sie gebetsmühlenartig herunter gerattert. So oft wurden sie wütend mit Unkenntnis und Ignoranz heraus geschrien, dass wir sie kaum mehr ernst nehmen.

Doch in diesem Falle sollten wir das. Denn, dass die Entscheidung des VG Berlin vom 6. Mai 2016 war ein Verfassungsbruch war, ist schwer von der Hand zu weisen.

Die Vorgeschichte: Am 22. April 2016 versuchte der Vorsitzende der Berliner Piratenpartei Bruno Kramm im Rahmen einer Demonstration eine Analyse von Jan Böhmermanns Gedicht „Schmähkritik“ vorzutragen. Als er damit begann Textstellen aus dem Gedicht vorzutragen, kam plötzlich die Polizei auf die Bühne und führte den Mann ab. Wie ich schon damals in meinem Youtube Video klar gemacht habe, halte ich das Vorgehen der Polizei für eindeutig rechtswidrig:

Kramm hat das Gedicht nur zum Zwecke der Analyse und Diskussion zitiert. Von den strittigen Passagen hat er sich explizit distanziert. Damit hat er sich keine der Äußerungen zu eigen gemacht. Wo kommen wir bitte hin, wenn man beleidigende Äußerungen nicht mehr zitieren darf, um sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen?

Die Auflösung der Demonstration halte übrigens nicht nur ich für rechtswidrig, sondern zB. auch Rechtsblogger Thomas Stadler, der Böhmermanns Gedicht insgesamt eigentlich sehr kritisch sieht.

Das kontroverse Urteil

Unglaublicher weise gab das Berliner Verwaltungsgericht nun der Polizei Recht. In einer Entscheidung vom 6. Mai verbot es eine weitere Demonstration der Piratenpartei. Die Rede bei der letzten Demo sei rechtswidrig gewesen und es bestehe Wiederholungsgefahr.

An diesem Urteil kann und muss man nun viel kritisieren. Zunächst hat das Gericht hier abermals den Kontext der Äußerungen nicht berücksichtigt. (Wie auch viele Kommentatoren zu Böhmermanns ursprünglicher Sendung. Meine Analyse zu Böhmermanns Schmähkritik) Böhmermanns Äußerungen dürfen hier nicht isoliert betrachtet werden, sondern waren Teil von Kramms Gesamtvortrag. Wenn Kramms Vortrag aber keine Beleidigung war, dann gab es auch keine Straftat. Folglich gibt es auch keine Wiederholungsgefahr.

Nächster Kritikpunkt: Wie der Rechtsbeistand der Piratenpartei Markus Kompa und Rechtsblogger Thomas Stadler (denen das Urteil bereits im Volltext vorliegt) übereinstimmend berichten, sah das Gericht in Böhmermanns gesamtem Gedicht keine einzige Passage, die nicht unangemessen beleidigend sei. Ob das aber auch für Passagen wie „Kurden treten, Christen hausen“ gilt, müsste diskutiert werden. An dieser Stelle wird ohne jeden persönlichen Bezug auf Erdogan seine Politik in legitimer Weise kritisiert.

Das Gericht bejahte wohl letztendlich, dass eine legitime Auseinandersetzung mit dem Gedicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein könnte. Hier aber kommt der gravierende Argumentationsschritt, mit dem sich das VG Berlin vom Boden des Grundgesetzes verabschiedet.

VG Berlin führt Vorzensur ein

Die Piratenpartei, so das VG Berlin, hätte den zuständigen Behörden schon bei der Anmeldung der Demonstration ein Redemanuskript vorlegen müssen. Nur so hätten sie prüfen können, ob die Auseinandersetzung mit Böhmermanns Gedicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Das ist ein klarer und eindeutiger Verstoß gegen §5 GG.

§5 GG

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Was ist Zensur?

Der Vorwurf der „Zensur“ wird im politischen Diskurs sehr gerne und schnell vorgeschoben. In der Regel von Akteuren ohne juristische Vorbildung. Denn der Staat darf sehr wohl gegen bestimmte Äußerungen vorgehen: Etwa zum Zwecke des Jugendschutzes, dem Schutz der persönlichen Ehre seiner Bürger oder um Urheberrechtsverletzungen zu ahnden.

Was in §5 GG explizit gemeint ist, ist die so genannte „Vorzensur„. Der Staat darf Äußerungen also erst ahnden, wenn sie getätigt worden sind. Er darf nicht vorab die Meinungsäußerung verhindern. Und genau das ist hier geschehen.

Fazit

Man kann über Äußerungsrecht und Demonstrationsrecht diskutieren. Über Beleidigung und Schmähkritik. Über „zu eigen machen“ oder „nicht zu eigen machen“. Über „Kunstfreiheit“ und „Geschmack“. Über „Meinungsfreiheit“ und  über „persönliche Ehre“. All das sind komplexe und vielschichtige Begriffe mit vielen Nuancen. Sowohl juristisch als auch persönlich kann man über all diese Dinge unterschiedlicher Meinung sein.

Doch über das, was das VG Berlin hier getan hat, kann man nur sehr schwer verschiedener Meinung sein. Was hier geschehen ist, ist Zensur. Und zwar Vorzensur. So wie sie explizit in unserer Verfassung verboten ist. Hier wurde eine Meinungsäußerung durch Auflagen schlicht verhindert. Ein schwerer Schlag gegen unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie.

 

Einführung ins Urheberrecht

Was darf ich kopieren? Was darf ich hochladen? Was darf ich veröffentlichen? Im Zeitalter von Facebook, Instagram, Whatsapp und Co ist es elementar geworden über Urheberrecht ein bisschen Bescheid zu wissen. Damit nach dem nächsten Facebook-Post, Blogartikel oder Youtube-Video keine Abmahnung ins Haus flattert, gibt es hier eine Einführung ins Urheberrecht.

Das Urheberrecht wurde ursprünglich geschaffen, um Künstlern und Kreativen eine faire Bezahlung für ihre Arbeit zu verschaffen. Jeder der ein Kunstwerk veröffentlichen oder zu Geld machen will, muss den Künstlern vorher um Erlaubnis fragen. Für seine Erlaubnis kann der Künstler eine Vergütung verlangen. Auf diese Weise verdienen sich Autoren, Maler, Film-Schaffende, Musiker, Performance-Künstler, Graffiti-Sprayer, Webdesigner und Games-Programmierer ihre Brötchen.

Ohne den Urheber geht gar nichts…

Das deutsche Urheberrecht und seine Regeln sind im UrhG fest gelegt. Nach §12 UrhG darf nur der Künstler sein Werk veröffentlichen.

UrhG §12

(1) Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. […]

Und ich bitte zu bemerken: Dort steht „zu veröffentlichen“. Dort steht nicht zu „verwerten“! Das bedeutet, ob ihr durch die Veröffentlichung eines Kunstwerks Geld verdient, ist völlig ohne Belang. Selbst wenn ihr kein Geld damit verdient, dürft ihr ein Bild, einen Text oder ein Video nicht veröffentlichen. Nicht einmal bei Facebook oder Instagram. Denn die Regeln gelten explizit auch für eine Veröffentlichung im Internet:

UrhG §15

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere […] das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung […]

UrhG §19a

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

Die Erlaubnis

Es gibt nur eine Möglichkeit, wie ihr ein Werk veröffentlichen dürft, wenn ihr es nicht selbst gemacht habt: Ihr braucht dafür eine Erlaubnis des Urhebers:

UrhG §31

(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). […]

Die Gute Nachricht: Ihr braucht so eine Erlaubnis nicht zwingend schriftlich. Auch eine mündliche Lizenz (=Erlaubnis) oder eine Erlaubnis per E-Mail oder per Whatsapp Nachricht sind rechtsgültig. Ihr müsst nur um Notfall nachweisen können, dass ihr die Erlaubnis bekommen habt.

Was ist ein Werk?

Aber ab wann ist eine Sache überhaupt ein Werk und damit urheberrechtlich geschützt? Gilt das schon für ein blödes Strichmänchen oder für ein Selfie?

Die Gerichte haben in ihrer ständigen Rechtsprechung folgende Kriterien aufgestellt. Damit ein Ding ein Werk ist, muss es folgende Kriterien erfüllen:

1. Produkt menschlichen Schaffens

(Tiere und Maschinen können qua juristischer Definition keine Kunst schaffen.)

2. Geistiger Gehalt

(Es muss irgendein tieferer Sinn im Kunstwerk liegen)

3.Wahrnehmbare Formgestaltung

(Ein Werk braucht eine Form, in der es erkennbar und wieder erkennbar ist. Das bedeutet ein Bild muss gemalt und ein Text geschrieben sein. Eine bloße Idee ist nicht durch das Urheberrecht geschützt)

4. Schöpferische Eigentümlichkeit

(Das Werk muss Einzigartig und neuartig sein)

Diese Kriterien sind nun sehr abstrakt und liegen oft im Auge des Betrachters. Deswegen fällt es schwer, sich konkret vorzustellen, was alles urheberrechtlich geschützt ist. In der Praxis werden nur geringe Hürden an den Schutz kreativer Arbeiten gestellt: Bilder, selbst einfache Schnappschüsse oder Selfies sind urheberrechtlich geschützt. Videos, Texte, Songs oder Podcasts sind ebenfalls geschützt und dürfen weder ganz noch in Auszügen veröffentlicht oder in einem neuen Werk verwendet werden.

Werk-Schnipsel

Das Urheberrecht, gilt nicht nur für jedes komplette Kunstwerk, sondern es gilt auch für jedes Teil eines Werks, das selbst die Werk-Kriterien erfüllt. Ausschnitte aus Fernsehserien, aus Youtube-Videos, Radiosendungen und Podcasts sind also ebenso tabu, wie Roman-Kapitel, Blog-Artikel oder Zeitungstexte. All das veröffentlicht ihr bitte nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis.

Bearbeitungen

Ihr dürft ohne Genehmigung also nur veröffentlichen, was ihr selbst gemacht habt. Was bedeutet jetzt aber selbst gemacht? Ein Remix oder Mashup aus bekannten Chart-Hits? Eine Filmaufnahme von einem Graffiti oder einer Street-Art-Performance? Eine Collage aus Bildern aus dem Internet? Oder eigene Zeichnungen von Batman oder Naruto?

Nein. Das alles sind Bearbeitungen also Kunstwerke, die auf Basis von anderen Kunstwerken geschaffen wurden. Wenn ihr eine solche Bearbeitung erstellt, habt ihr daran zwar das Urheberrecht, das gilt aber „ungeachtet der Urheberrechte des Ursprungswerks.“ (§3 UrhG)

UrhG §3

Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, werden unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbständige Werke geschützt. […]

Was bedeut das? Ihr habt zwar die Rechte an dem Kunstwerk, das ihr gemacht habt. (etwa dem Bild von dem Poster) Ihr könnt dieses Bild aber nicht veröffentlichen ohne dabei gleichzeitig das Poster zu veröffentlichen. Und das dürft ihr nicht. Denn an dem Poster hat ja der ursprüngliche Künstler das Urheberrecht.

Bearbeitungen dürfen deswegen nur mit Erlaubnis des Ursprungskünstlers veröffentlicht werden.

UrhG §23

Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden. […]

Die Strafen!

Was passiert, wenn ihr nun gegen das Urheberrecht verstoßt und Dinge ohne Erlaubnis veröffentlicht, die ihr nicht veröffentlichen dürft? Erst einmal kann ich euch beruhigen: Wir alle stoßen mehrfach täglich im Internet auf urheberrechtswidrig veröffentlichtes Material. Die meisten Urheberrechtsverletzungen im Internet werden nicht verfolgt.

Juristische Konsequenzen bei Urheberrechtsverletzungen im Internet sind aber eine reale und ernst zu nehmende Gefahr! Selbst wenn es nur um ein Bild bei Facebook oder ein Video bei Youtube geht. Wenn ihr Bilder, Musik, Filme oder sonstige kreative Werke ohne Erlaubnis veröffentlicht, können die Rechteinhaber euch eine „Strafbewehrte Unterlassungserklärung“ schicken. Besser bekannt als Abmahnung.

UrhG §97a

(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. […]

Der Grund ist folgender: Wenn ihr den Künstler nach einer Erlaubnis fragen würdet, das Material zu benutzen, dann würde der wahrscheinlich dafür Geld verlangen. Denn der Künstler hat das Recht auf eine angemessene Vergütung:

UrhG §32

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. […] Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.

Das Geld habt ihr ihm also vorenthalten, indem ihr das Material veröffentlicht habt, ohne ihn vorher zu fragen. Deswegen kann er Schadenersatz von euch fordern. Das geht entweder über eine Urheberrechtsklage. (Das ist aber extrem aufwendig und mit finanziellen Risiken für den Klagenden verbunden) Oder sehr viel einfacher und schneller, indem er euch eine Abmahnung schickt. Die müsst ihr dann bezahlen.

Wahrscheinlicher als eine Abmahnung ist, dass die Plattform, auf der ihr veröffentlicht habt, die Inhalte von sich aus herunter nimmt. Wenn ihr eine bei Facebook ein Bild urheberrechtswidrig hochladet haftet zwar ihr und nicht Facebook! Aber sobald Facebook Kenntnis von dem Urheberrechtsverstoß erhält, ist Facebook dann doch haftbar und wird die rechtswidrigen Inhalte löschen.

Für Youtuber ist die wahrscheinlichste Gefahr bei Urheberrechtsverletzungen, dass die Youtube Content-ID eure Videos sperrt. Das ist nicht so folgenreich und teuer wie eine Abmahnung, aber extrem nervig. Da habt ihr Tage lang an eurem Video gearbeitet. Und dann wird es gesperrt. Bei wiederholten vergehen, kann es auch passieren, dass ihr einen Strike bekommt und eure Videos nicht mehr monetarisieren dürft. Schließlich kann es dann passieren, dass euer Kanal nach 3 Strikes gesperrt wird.

Theoretisch sieht das Urheberrecht in §106 UrhG für krasse Fälle von Urheberrechtsverletzungen sogar eine Gefängnisstrafe vor. Die Staatsanwaltschaft verfolgt solche Fälle aber nur, wenn der entsprechende Rechteinhaber es beantragt. Und das tut kaum jemand. (Es bringt ja kein Geld ein, jemanden ins Gefängnis zu schicken, und schädigt potentiell den eigenen Ruf.)

Im Jahre 2009 wurden lediglich 229 Personen wegen Urheberrechtsvergehen verurteilt. Nur ein gutes Dutzend erhielt eine Gefängnisstrafe. Zum Vergleich: Schätzungen zufolge werden jährlich hunderttausende Abmahnungen wegen Urheberrechtsverstößen verschickt.

Die Ausnahmen

Es gibt bestimmte Ausnahmen vom Urheberrecht. Zum Beispiel, wenn ihr Werke veröffentlicht, um sie zu analysieren. (UrhG §51) Oder wenn der Urheber (=Künstler) schon sehr lange verstorben ist. (§64 UrhG). Außerdem gibt es bestimmte Ausnahmen für Parodie und Satire. In all diesen Fällen ist es aber extrem schwer die genauen Grenzen zu beurteilen. All diese Ausnahmefälle solltet ihr also nur anwenden, wenn ihr genau wisst, was ihr tut! Was ihr zB. unter einem Zitat versteht, ist noch lange nicht das gleiche, was ein Jurist oder Richter unter einem Zitat versteht.

Urheberrecht geklärt! also alles OK?

Ihr seid nun ganz sicher, dass ihr ein Werk aus urheberrechtlicher Hinsicht verwenden dürft. Ihr habt es selbst gemacht oder eine Erlaubnis des Künstlers. Heißt das nun, euch kann nichts mehr passieren? Nein! Denn es gibt noch andere gesetzliche Regeln außer dem Urheberrecht. Zum Beispiel dürft ihr Fotos mit Leuten darauf nicht ohne weiteres veröffentlichen, weil das ihre Privatsphäre verletzen könnte. Außerdem dürft ihr Bilder auf denen Markenlogos zu sehen sind, nicht als Markenzeichen benutzen. (Also zB. um Waren, Dienstleistungen etc. zu bezeichnen. Wann genau die Nutzung von Markenzeichen verboten ist, hat Thomas Schwenke gut zusammen gefasst.) Außerdem können für einzelne Arten von Kunstwerken oder einzelne Nutzungsarten so genannte „Leistungsschutzrechte“ gelten. Solche Werke dürfen ebenfalls ohne Erlaubnis des Herstellers nicht veröffentlicht werden.

Wo finde ich denn jetzt Bilder/Clips/Musik für meine Podcasts/Blogartikel/Youtube-Videos?

Viele Künstler erlauben explizit der Allgemeinheit ihre Werke kostenlos für eigene Projekte zu nutzen. Das dürfen Künstler nach Absatz 3 von §32 UrhG. (So genannte „Linux Klausel“)

UrhG §32

3. […] Der Urheber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen.

Beispiele für solche freien Lizenzen sind etwa die Creative Commons Lizenz, die Lizenzen des Youtube-Kanals „No Copyright Sounds“ (obwohl der Name extrem missverständlich) und viele andere. Verschiedene Listen mit Portalen, wo ihr kostenlos Inhalte unter freier Lizenz findet, werden in absehbarer Zeit auf diesem Blog erscheinen.

Mehr zum Urheberrecht

Verschiedenes Material zum Urheberrecht habe ich mal hier zusammen getragen und verlinkt. Weil das Internet aber nun einmal das Internet ist, lassen sich natürlich noch viel mehr Quellen finden: zB. Der Einführungs-Podcast von Thomas Hoeren oder das Projekt „ersurf dir das Urheberrecht“ von Wikibooks.

 

OLG Köln: Kontaktformulare müssen Datenschutzhinweis enthalten

Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Kölns an jedem Kontaktformular ein Datenschutzhinweis angebracht werden muss. Nicht in der Datenschutzerklärung sondern auf der Seite des Kontaktformulars selbst. Einem User sei nicht automatisch klar, dass er über ein Kontaktformular persönliche Daten übermittle.

Nein es ist kein verspäteter Aprilscherz, den das OLG Köln sich da geleistet hat. Nur ein weiterer Beleg dafür, wie wenig die momentane Richter-Generation die Kenntnisse und Gepflogenheiten der Internet-Nutzer einschätzen kann. Nach einem Urteil des OLG Köln vom 11.03.2016 muss an jedem Kontaktformular ein Datenschutzhinweis angebracht werden. Nicht auf einer separaten Seite wie der Datenschutzerklärung, sondern im Kontaktformular selbst.

Noch trauriger als diese Tatsache, ist jedoch die Begründung der Richter. Zwei Steuerberater waren in der Vorinstanz belangt worden, weil sie einen solchen Datenschutzhinweis nicht angebracht hatten. Sie hatten argumentiert: Wenn ein Nutzer seine persönlichen Daten in ein Feld eintippt und auf „Senden“ klickt, kann er sich denken, dass er damit seine Daten übersendet. Und weil er das Kontaktformular ja zur Kontaktaufnahme mit den Seitenbetreibern verwenden will, kann er sich auch denken, wozu diese Daten notwendig sind.

In der Sache ist die Antragsgegnerin der Ansicht, dass eine gesonderte Datenschutzerklärung gar nicht erforderlich gewesen sei. Da es für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar um ein Kontaktformular ging, sei es für diesen ebenfalls erkennbar gewesen, welchem Zweck die Angabe der Daten diente und welche Daten erhoben wurden. Das Gesetz selbst spreche davon, dass eine Unterrichtung nur soweit zu erfolgen habe, „sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist“. Es bestehe über die Umstände, die ihm aus der Natur des Kontaktformulars schon bekannt seien, kein weiteres Informationsbedürfnis des Nutzers.

Dies Argumentation wird jeder normale Internet-Nutzer nachvollziehen können. Die Richter des OLG konnten es augenscheinlich nicht:

b. Die Antragsgegnerin hat im Zusammenhang mit ihrem Kontaktformular die geforderten Informationen unstreitig nicht erteilt. Soweit sie darauf verweist, dass sich eine Information erübrigt habe, weil sich Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Kontaktformular selbst ergeben hätten und damit bereits eine Unterrichtung iSd § 13 TMG erfolgt sei, kann dieser Ansicht nicht beigetreten werden. Da die Norm gerade eine allgemein verständliche Unterrichtung bezweckt, kann eine solche nicht dadurch entbehrlich werden, dass sich ein Verbraucher gegebenenfalls aus der Art der Datenerhebung und aus den Umständen selbst herleiten kann, welche Daten wofür konkret verwendet werden. Eine anderweitige Unterrichtung kann vom Wortlaut her bereits nicht die eigene Auslegung durch den Verbraucher sein, da eine Unterrichtung einen Hinweis durch einen Dritten voraussetzt.

Nochmal zum mitschreiben: Das Gericht ist hier der Ansicht: Ein User, der seine privaten Daten in ein Kontaktformular eingibt, und dann auf senden drückt, kann sich nicht denken, dass er damit persönliche Daten übermittelt.

Man könnte sich über dieses Urteil jetzt einfach totlachen. Es ist nur das Urteil eines OLG. Möglicherweise wird es bald durch Urteile andere OLGs zurecht gerückt oder durch höhere Rechtsprechung aufgehoben. Es ist auch nur eine störende Datenschutzbelehrung unter Kontaktformularen, die hier eingeführt wird. In zwei Wochen wird jeder Internet-User gelernt haben sie auszublenden. Doch hier tritt ein Problem zutage, das viel tiefer geht.

Richter ohne Bezug zum Internet

Es mag viele überraschen, aber auch Richter und Juristen sind sich darüber im Klaren, dass es so etwas wie einen gesunden Menschenverstand, etablierte Sitten, Gebräuche und übliche Praktiken gibt. Vom Prinzip her soll die übliche Praxis in einem Urteil auch berücksichtigt werden. Viele Richter kennen jedoch durch mangelnde eigene Alltagserfahrung die digitale Lebenswelt nur aus Büchern. (Ein „Buch“ ist nach Wikipedia ein sogenanntes „Druckmedium“, das zur Sammlung und Vermittlung von Informationen verwendet wurde, bevor es das Internet gab)

Wie sollen Richter aber lebensweltliche Entscheidungen treffen, wenn sie die entsprechenden Lebenswelten nicht kennen?

 

 

Piratenpartei-Chef wegen Böhmermann Zitat festgenommen

Es grenzt an Zensur. Weil er bei einer Demonstration aus dem umstrittenen Schmägedicht von Jan Böhmermann zitiert hat, wurde Bruno Kramm der Vorsitzende der Berliner Piratenpartei von der Polizei in Gewahrsam genommen. Die Aktion der Polizei war rechtswidrig.

Verhaftung ab 0.22 im Video.


Es ist schwer zu entscheiden, was mich an dieser Aktion mehr aufregt:

Hier haben staatliche Organe, die eigentlich die Verfassung und Bürgerrechte verteidigen sollen, eine legale und angemeldete Veranstaltung in einer Demonstration verhindert. Ein klarer Einschnitt in §5 GG.

Die rechtliche Argumentation der Polizei ist offensichtlich völlig falsch. Eine Beleidigung und überhaupt ein Äußerungsdelikt durch ein Zitat kann nur vorliegen, wenn der Sprecher sich die zitierte Äußerung zu eigen macht. Kramms Analyse der Böhmermann-Zitat-Stellen ist ein Musterbeispiel für eine Behandlung, die den nötigen Abstand zum analysierten Werk schafft. An mehreren Stellen distanziert sich Kramm ja sogar explizit von dem Gedicht.

Was mich aber an der Geschichte fast am meisten aufregt, ist wie flappsig und selbstverständlich der Polizist hier seine vollkommen falsche Rechtsauffassung darlegt. Die Beamten der Berliner Polizei brauchen offenbar Nachhilfe in Äußerungsrecht… und in Deeskalation.

 

 

 

BGH-Urteil: VG-Wort Kopiervergütung steht nur Autoren zu

Die VG-Wort muss zukünftig die gesamten Beiträge aus der Kopiervergütung an Autoren auszahlen. Das entschied der BGH heute (21. April 2016) in einem Urteil. Die VG-Wort hatte die Beitrage aus der Kopiervergütung bisher zur Hälfte zwischen Verlagen und Autoren aufgeteilt. Den Autoren steht nun die volle Vergütung zu. Dem Urteil war ein langer Rechtsstreit voraus gegangen.

Schriftsteller und Autoren sind ziemlich arme Hunde. Das hat zuletzt eine Studie der Universität Maryland ergeben: Nur 1 von 10 befragten Bellitristik-Autoren konnte von seiner Kunst leben. Die Gelder Ausschüttung der VG Wort am 1. Januar jeden Jahres ist deshalb für viele Schriftsteller regelmäßigem ein rettender Anker, der den nahen Bankrott verhindert. Doch was sind das eigentlich für Gelder, die die VG Wort dort ausschüttet?

 

Die Kopiervergütung

Nach §32 UrhG hat jeder Urheber, als auch jeder Autor von Literatur- oder Sachtexten einen Anspruch auf eine gerechte Vergütung für die Nutzung seiner Texte. Dieses Grundprinzip des Urheberrechts soll es Künstlern ermöglichen von ihrem Schaffen zu leben. Nun erlaubt jedoch der §53 UrhG jedem Bürger Kopien von urheberrechtlich geschützten Kunstwerken für den persönlichen und privaten Gebrauch anzufertigen. Sprich: Man darf sich einen Text, ein Bild oder auch einen ganzen Roman aus der Bibliothek ausleihen, und kann ihn dann zu hause oder im Copyshop kopieren, um ihn später noch einmal zu lesen.

Die Schrankenregelung nach §53 ist für Privat-Bürger sehr hilfreich und erweist sich außerdem als sehr praxisnah. (Wie sollte man praktisch verhindern, dass Privatmenschen sich Kopien von ausgeliehenen Büchern machen). Für die Autoren ist sie problematisch. Denn wer sich in der Bibliothek eine Kopie eines Textes gemacht hat, kauft sich natürlich das Buch nicht mehr. Dem Künstler würden so dringend benötigte Einnahmen entgehen. Dieses Problem soll die VG Wort lösen: Sie ist eine so genannte Verwertungsgesellschaft ähnlich der GEMA. Sie zieht von Bibliotheken, Copyshops und Drucker-Herstellern eine Gebühr ein. Dieses Geld wird dann nach einem Schlüssel an alle Rechteinhaber verteilt, deren Texte für die Öffentlichkeit bereit stehen. Das schließt Zeitungs- und Zeitschriften-Artikel eben so ein, wie Bücher, die in Bibliotheken stehen und neuerdings auch besonders populäre Texte im Internet.

Was war das Problem?

Die VG-Wort hatte die Beiträge bisher nicht ausschließlich an die Autoren der Texte ausgeschüttet, sondern die Gelder je zur Hälfte an Autoren und deren Verlage aufgeteilt. Zur Begründung hatte die Gesellschaft sich auf ihre Satzung berufen. Die VG-Wort sei 1958 von Autoren und Verlagen gemeinsam gegründet worden, um deren Rechte gemeinsam wahrzunehmen. Diese Argumentation hatte sie auf §63a UrhG gestützt.

Martin Vogel der Rebell

Im Jahre 2012 begann ein einzelner Mann die VG-Wort herauszufordern. Der Urheberrechtler und wissenschaftliche Autor Martin Vogel klagte klagte gegen die bestehende Praxis der Verwertungsgesellschaft. Seiner Ansicht nach stand die Vergütung alleine den Autoren zu. Das Urheberrecht liege schließlich alleine beim Autoren und die VG Wort sei lediglich eine Treuhänderin, von deren Rechten. Mit dieser Rechtsauffassung gaben ihm das Landgericht München und das Oberlandesgericht München Recht. Durch seine Klagen machte sich der Jurist bei der VG-Wort regelrecht zur Persona non grata. Doch unermüdlich brachte er das Verfahren auch vor den BGH, der nun entschied.

BGH: Rechte stehen dem Urheber zu

Der BGH entschied, dass die vollständige Vergütung im Grundsatz den Autoren zustehe. Die vollständige schriftliche Urteilsbegründung des BGH liegt noch nicht vor. In einer Pressemeldung, veröffentlichten die Richter jedoch ihre grundlegende Argumentation:

Die VG Wort darf nur deshalb überhaupt Gebühren für Kopien einziehen, weil das Urheberrecht dies so vorsieht. Gemäß §15 UrhG und §16 UrhG darf eine Kopie eines Kunstwerks grundsätzlich nur mit Erlaubnis des Urhebers angefertigt werden. Deswegen erhebt die VG Wort überhaupt ihre Gebühren. Es wäre in der Praxis sehr schwer organisierbar, wenn jeder Nutzer eine Erlaubnis des Urhebers einholen und bezahlen müsste, bevor er eine Buchseite kopiert. Deswegen zieht die VG Wort stattdessen zentralisiert die Gebühren ein.

Wenn aber die gesamten Rechte der VG Wort auf dem Urheberrecht basieren, gibt es keine rechtliche Grundlage den Verlagen einen Anteil der Gelder aus zu bezahlen. Denn das Urheberrecht liegt ja ausschließlich beim Urheber. Die VG-Wort darf einige dieser Rechte ausüben, weil der Autor ihnen die dafür notwendigen Rechte in einem Vertrag nach §31 UrhG übertragen hat. Den Verlagen hingegen wurden keinerlei Rechte an der Vergütung übertragen. Deswegen haben sie auch keine Ansprüche.

Was sind die Folgen des Urteils?

Das Urteil war in dieser Form erwartet worden. Die Vorinstitutionen hatten Vogel in seiner Argumentation Recht gegeben, und in einem ähnlichen Verfahren hatte auch der EuGH im November letzten Jahres ähnlich entschieden. Die VG-Wort hatte bereits seit 2012 vor allen Ausschüttungen schriftlich darauf hingewiesen, dass die Zahlungen unter Vorbehalt erfolgen und der Ausgang dieses Gerichtsverfahrens zu Rück- oder Nachforderungen führen könnte.

Grundsätzlich haben Autoren nun einen Anspruch auf die gesamten Bezüge der Kopiervergütung. Ob dadurch langfristig bei Fach- und Literatur-Autoren der Geldsegen ausbricht ist jedoch fraglich. Denn der BGH hat lediglich argumentiert, die Verlage dürften pauschal keinen Anteil an der Vergütung erhalten, weil ihnen die dafür notwendigen Nutzungsrechte nie übertragen worden sind. Was passiert, wenn Autoren ihren Verlagen diese Rechte vertraglich übertragen, hat der BGH damit nicht entschieden.

Zu erwarten ist deswegen Folgendes: Zukünftig werden sich Verlage in Verträgen mit neuen Autoren die Anteile an der Vergütung durch die VG-Wort explizit zusichern lassen. Oder aber sie werden für neue Autoren gleich eine geringere Vergütung vereinbaren, um die weg gefallenen Einkünfte aus der Kopiervergütung zu kompensieren.